Showbiz statt Politik Tories werfen Ex-Minister Matt Hancock wegen Dschungelcamp-Teilnahme aus der Partei

Als würde Jens Spahn ins Dschungelcamp gehen: Großbritanniens Ex-Gesundheitsminister Matt Hancock nimmt an einer Realityshow teil – und verpasst deshalb Sitzungstage im Parlament. Seine Partei reagiert drastisch.
Matt Hancock: Ex-Gesundheitsminister, nun auch Ex-Tory

Matt Hancock: Ex-Gesundheitsminister, nun auch Ex-Tory

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Hollie Adams / Getty Images

Womöglich hatte Matt Hancock seine politische Karriere bereits abgeschrieben, als der britische Ex-Gesundheitsminister in letzter Minute entschied, an der Realityshow »Ich bin ein Star, holt mich hier raus« teilzunehmen. Nun folgen die Konsequenzen: Weil er für die TV-Show nach Australien reist, um sich im Dschungel filmen zu lassen, haben die Tories Hancock aus der Partei geworfen.

Damit wird Hancock auch aus der Unterhaus-Fraktion ausgeschlossen. Die harsche Reaktion hat auch damit zu tun, dass die Dreharbeiten für die Sendung während der Sitzungsperiode des britischen Parlaments stattfinden – dem Hancock bislang für die Tories angehörte. Zwar verliert er seinen Platz im Parlament nicht sofort, sondern wird als Fraktionsloser weiterhin Abgeordneter sein. Eine erneute Kandidatur bei den für 2025 vorgesehenen Wahlen ist jedoch unwahrscheinlich.

»Nach einem Gespräch mit Matt Hancock habe ich die Situation geprüft und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Angelegenheit ernst genug ist, um die Suspendierung aus der Partei mit sofortiger Wirkung zu rechtfertigen«, sagte Chef-Whip Simon Hart. Die Aufgabe der Whips ist es, für Fraktionsdisziplin zu sorgen.

Der neue Regierungschef Rishi Sunak ist über die Entscheidung Hancocks offenbar alles andere als begeistert. In herausfordernden Zeiten sollten Abgeordnete im Parlament oder in ihren Wahlkreisen hart für die Wählerschaft arbeiten, zitierte der »Telegraph« einen Sprecher. Es sei unwahrscheinlich, dass Sunak Hancocks Dschungelcamp-Auftritt ansehen werde.

Ministerposten wegen Affäre verloren

Der Sender Sky News zitierte einen Vertrauten Hancocks, der Politiker wolle die Sendung nutzen, um mit den durchschnittlich zwölf Millionen Zuschauern in Kontakt zu treten und zudem seine Kampagne zur Lese- und Rechtschreibförderung zu verbreiten. Teile seines Honorars werde Hancock spenden.

Hancock war unter Boris Johnson Gesundheitsminister. Im vergangenen Jahr musste er jedoch zurücktreten, nachdem durch Fotos bekannt geworden war, dass der verheiratete 42-Jährige eine hochrangige Mitarbeiterin umarmt und geküsst hatte. Die Affäre löste eine politische Krise aus. Hancock und die Frau kennen sich aus dem Studium. Sie arbeitete zunächst als unbezahlte Beraterin der Regierung. In diesem Jahr wurde sie zur nicht-geschäftsführenden Direktorin des Gesundheitsministeriums ernannt.

Der Posten ist nach Informationen der Nachrichtenagentur AP mit etwa 15.000 Pfund (rund 17.500 Euro) pro Jahr dotiert. Die Labour-Opposition fordert eine Untersuchung, ob der Minister seine Geliebte, die ebenfalls verheiratet ist, vor Beginn der Affäre eingestellt hat oder erst danach.

Auftritt mit Boy George

Im britischen Dschungelcamp wird Hancock gemeinsam mit Popsänger Boy George, dem ehemaligen englischen Rugbyspieler Mike Tindall und der englischen Fußballspielerin Jill Scott auftreten. Bei »Ich bin ein Star...« müssen Prominente meist unappetitliche Herausforderungen bewältigen, etwa Insekten essen oder Gegenstände aus einem Käfig voller Schlangen holen. Ein Mitglied von Hancocks Tory-Ortsverband kommentierte die Entscheidung trocken: »Ich freue mich darauf, zu sehen, wie er einen Känguru-Penis isst. Zitieren Sie mich. Sie können mich damit zitieren.«

Zuletzt hatten der Rücktritt von Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss Großbritannien und die Konservative Partei in ein beispielloses Chaos gestürzt. Auch Neu-Premier Rishi Sunak muss sich bereits für politische Entscheidungen rechtfertigen.

muk/Reuters/dpa
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