Nur noch 37 Insassen USA überstellen Guantanamo-Häftling nach Algerien

Demonstranten vor dem Weißen Haus in Washington, D.C. fordern die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo Bay
Foto: Stefanie Reynolds / AFPNach annähernd 20 Jahren Haft haben die USA einen Gefangenen aus dem Lager Guantanamo nach Algerien überstellt. Es handele sich um den algerischen Staatsbürger Sufiyan Barhoumi, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Er sei 2002 wegen des Vorwurfs der Verschwörung mit der Islamisten-Organisation Al-Qaida in das Lager der US-Militärbasis auf Kuba gebracht worden. Seine Inhaftierung sei nicht länger erforderlich, hieß es. Dem US-Verteidigungsministerium habe die algerischen Regierung zugesichert, dass Barhoumi dort menschlich behandelt und Sicherheitsmaßnahmen ergriffen würden, um das Risiko zu verringern, dass er in Zukunft eine Bedrohung darstellen könnte.
Barhoumi wurde 2002 in Pakistan gefangen genommen und zum US-Stützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba gebracht. Die USA stellten schließlich fest, dass er mit verschiedenen extremistischen Gruppen in Verbindung gebracht wurde, laut dem Bericht eines Überprüfungsausschusses des Gefängnisses jedoch kein Mitglied von Al-Qaida oder den Taliban war. Daher genehmigte der Ausschuss 2016 seine Freilassung.
Die US-Behörden versuchten 2008, Barhoumi strafrechtlich zu verfolgen, doch die Bemühungen wurden aufgrund rechtlicher Anfechtungen der ursprünglichen Version des unter Präsident George W. Bush eingerichteten Militärkommissionssystems eingestellt. Das US-Justizministerium gab an, der damalige Verteidigungsminister Ash Carter unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama habe die Freilassung von Barhoumi am 12. Januar 2017 abgelehnt, »aufgrund einer Vielzahl von Bedenken, die von mehreren Behörden geteilt werden«, ohne weitere Details zu nennen.
»Unsere Regierung schuldet Sufiyan Barhoumi und seiner Mutter Jahre ihres Lebens«
Barhoumi, der bei einer Landminenexplosion in Afghanistan vier Finger verlor, bot an, sich 2012 schuldig zu bekennen, in der Hoffnung, er könne eine festgelegte Strafe erhalten und zu seiner Mutter zurückkehren, so sein Rechtsanwalt Shayana Kadidal vom Center for Constitutional Rights, dem Zentrum für Verfassungsrechte. »Unsere Regierung schuldet Sufyian und seiner Mutter Jahre ihres Lebens«, sagte Kadidal. »Ich bin überglücklich, dass er zu Hause bei seiner Familie sein wird, aber ich werde seine ständige gute Laune und sein Einfühlungsvermögen für das Leiden anderer in der äußerst deprimierenden Umgebung von Guantanamo sehr vermissen.«
In Guantanamo sitzen nach US-Angaben nun noch 37 von einst bis zu 800 Gefangenen ein. Sie werden dort teils seit knapp zwei Jahrzehnten ohne Gerichtsverfahren oder Anklage festgehalten. Das Gefängnis war von den USA eingerichtet worden, um ausländische Verdächtige im Kontext der Anschläge in den USA vom 11. September 2001 mit rund 3000 Toten festzusetzen. Die USA machen ein Netzwerk der Al-Qaida für die Anschläge verantwortlich. Guantanamo wurde dabei zum Sinnbild des einst exzessiven »Kampfes gegen den Terror«-Politik der USA, der nach den Anschlägen vom damaligen Präsidenten George W. Bush eingeleitet wurde.
Die Insassen des Lagers waren Bedingungen ausgesetzt, die nach Angaben von Kritikern den Tatbestand der Folter erfüllten. Die Bemühungen Guantanamo-Gefangene umzusiedeln, wurden unter Ex-US-Präsident Donald Trump zurückgefahren. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hat abermals vor, die Zahl der Guantanamo-Insassen zu reduzieren und die Einrichtung zu schließen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung des Artikels hieß es, der US-Jurist Shayana Kadidal sei eine Frau. Tatsächlich handelt es sich um einen Mann. Wir haben die entsprechenden Stellen korrigiert.