Haiti Regierungschef Henry musste vor mutmaßlichem Attentat fliehen

Der Mord von Haitis Staatspräsident Moïse ist noch immer nicht aufgeklärt. Nun sollte offenbar auch Premierminister Henry Ziel eines Anschlags werden. »Banditen und Terroristen« hätten versucht, ihn zu töten.
Ariel Henry: Der Regierungschef von Haiti ist eigenen Angaben zufolge einem Attentat entkommen

Ariel Henry: Der Regierungschef von Haiti ist eigenen Angaben zufolge einem Attentat entkommen

Foto: RALPH TEDY EROL / REUTERS

Haitis Premierminister Ariel Henry ist eigenen Angaben zufolge einem Attentat entkommen. Der mutmaßliche Anschlag auf das Leben des Regierungschefs hat sich demnach am vergangenen Wochenende ereignet. Gegen seine Person habe es einen Attentatsversuch gegeben, er befinde sich »in der Schusslinie«, sagte Henry am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

Der Anschlagsversuch soll laut Henry während seiner Teilnahme an Feierlichkeiten zum haitianischen Unabhängigkeitstag am Samstag in der Stadt Gonaïves verübt worden sein. Während der Feiern war es in der Stadt zu Konfrontationen zwischen bewaffneten Gruppen und der Polizei gekommen. Dabei sei es zu Schusswechseln gekommen. Durch die Schießereien waren Henry und andere Regierungsvertreter gezwungen, Gonaïves überstürzt zu verlassen. In der Stadt war am Neujahrstag 1804 die haitianische Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet worden.

Ein Video, das sich in den sozialen Medien verbreitet, zeigt, wie Henry und seine Gefolgsleute in ihre Fahrzeuge klettern, als eine bewaffnete Gruppe vor der Kathedrale in Gonaïves das Feuer eröffnet. Der Nachrichtenagentur AFP liegen zudem Fotos aus dem Büro des Regierungschefs vor. Sie zeigen den gepanzerten Dienstwagen des Regierungschefs mit Spuren eines Kugeleinschlags in der Windschutzscheibe. Henrys Büro teilte am Montag mit, »Banditen und Terroristen« hätten versucht, den Premierminister in einer Kirche in der nördlichen Stadt Gonaïves zu erschießen.

Drohungen vor dem Besuch

Mitglieder krimineller Banden in Gonaïves sowie Bürgergruppen hatten im Vorfeld der Feierlichkeiten gegen den geplanten Besuch des Regierungschefs Front gemacht. Vor dem Vorfall hatte ein lokaler Gangsterboss Henry zudem in lokalen Medien bedroht. »Ich wusste, dass ich ein Risiko eingehe«, sagte Henry nun in seinem Telefoninterview mit AFP zu seiner Visite in Gonaïves, das rund 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince liegt. Es könne jedoch nicht zugelassen werden, dass »Banditen« den Staat »erpressen«.

Gegen mehrere Verdächtige seien Haftbefehle ausgestellt worden, teilte das Büro des Premierministers mit. Die Polizei bezeichnete den Angriff als Tat »bewaffneter Gruppen«. Medienberichte über ein Todesopfer wurden von den Behörden bisher nicht bestätigt.

Seit dem Mord an Präsident Jovenel Moïse  im Juli hat Henry die oberste Regierungsverantwortung in Haiti inne. Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sowie ein Verfassungsreferendum wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.

Moïse war in seinem Haus von einem Mordkommando getötet worden. Die Hintergründe der Tat liegen weiterhin im Dunkeln. Die Misere in dem verarmten Karibikstaat hat sich seit dem Mord an Moïse dramatisch weiter verschärft. Haiti befindet sich ohnehin schon seit Jahren in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise.

asc/AFP/Reuters/AP
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