Sorge um Autonomie Hongkongs Regierungschefin verteidigt Chinas neues Sicherheitsgesetz

Chinas neues Sicherheitsgesetz will massiv in die Autonomie Hongkongs eingreifen. Regierungschefin Carrie Lam weist Bedenken zurück - ihr wird schon lange eine zu große Nähe zu Peking vorgeworfen.
Zu große Nähe: So lautet die Kritik an Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam zu Chinas Regierung

Zu große Nähe: So lautet die Kritik an Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam zu Chinas Regierung

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Vincent Yu/ AP

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hat das von der Führung in Peking geplante sogenannte Sicherheitsgesetz verteidigt. Es werde nicht die Rechte und Freiheiten der Stadt beeinträchtigen, sagte Lam und rief die Bürger auf, abzuwarten, bis Einzelheiten des Gesetzes bekannt seien. "Es gibt keinen Grund für uns, besorgt zu sein", sagte sie in ihrer wöchentlichen Pressekonferenz.

Erst am Sonntag hatten Tausende Demonstranten in Hongkong gegen die Pläne der Pekinger Führung protestiert. Die Polizei ging massiv gegen sie vor und nahm fast 200 Menschen fest. Für Mittwoch sind weitere Kundgebungen geplant.

In den vergangenen 23 Jahren, seit die britische Kronkolonie an China übergegangen ist, habe Hongkong immer wieder bewiesen, dass es das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Demonstrationen wahre, sagte Lam. "Das Beste ist, das Gesetz vorliegen zu haben und zu verstehen, warum Hongkong dieses Gesetz jetzt braucht." Wie die Freiheiten in Hongkong, die über die in der Volksrepublik weit hinausreichen, auch unter dem neuen Gesetz Bestand haben sollen, ließ Lam aber offen. Kritiker werfen ihr schon lange eine zu große Nähe zur Führung in Peking vor.

China reagiert mit Gesetz auf Massenproteste in Hongkong

Vergangene Woche hatte Chinas Regierungschef Li Keqiang neue Gesetze und "Durchsetzungsmechanismen" zur Wahrung der nationalen Sicherheit in Hongkong angekündigt. Das Sicherheitsgesetz war am Freitag auf den Weg gebracht worden. Es soll "Separatismus" und "Aufruhr" in Hongkong verbieten und ist eine Reaktion auf die monatelangen Massenproteste im vergangenen Jahr gegen Chinas Einfluss.

Demnach könnten chinesische Polizei und Geheimdienste mit weitreichenden Befugnissen in die Sonderverwaltungszone verlegt werden. Auf die Frage eines Journalisten, ob Beamte aus Festlandchina Demonstranten in Hongkong festnehmen könnten, sagte Lam: "In Ihrer Vorstellung." Regierungskritische Proteste würden weiterhin erlaubt, "wenn sie auf legale Weise stattfinden". Was unter dem neuen Gesetz als illegal gilt, erläuterte sie nicht.

EU-Abgeordnete fordern Erklärung gegenüber China

International stößt das Vorhaben auf Kritik. "Die internationale Gemeinschaft muss sich mit Nachdruck für die Freiheit von Hongkong einsetzen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, der "Welt". Die jüngsten Ereignisse müssten auch im Plenum des Europäischen Parlaments diskutiert werden, forderte der CDU-Politiker. "Der völkerrechtlich vereinbarte Grundsatz 'Ein Land, zwei Systeme', und damit der Status Hongkongs als autonome Stadt, wird durch das geplante Sicherheitsgesetz erheblich gefährdet."

Der Chef der China-Delegation im EU-Parlament, Reinhard Bütikofer (Grüne), appellierte an die EU-Außenminister, "dass sie am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung deutlich machen, dass das Vorgehen Pekings einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie Hongkongs darstelle".

Bütikofer forderte die EU zu mehr Druck gegenüber China auf: "Es ist unangemessen für eine Wertegemeinschaft wie die Europäische Union, auf die geplante massive Einschränkung von Freiheitsrechten und auf die Hilferufe von jungen Demokratie-Aktivisten in Hongkong mit lautem Schweigen statt Klartext zu reagieren. Ich sehe hier besonders die Bundesregierung in der Verantwortung, die in einem Monat den Ratsvorsitz in der EU übernimmt."

ara/rtr/AFP/dpa
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