Flucht aus Russland Ehemaliger Gazprombank-Manager kämpft für die Ukraine

Ein Topmanager der Gazprombank hat die Seiten gewechselt: Er will für die Ukraine gegen die russischen Truppen kämpfen. Außerdem erhebt er schwere Vorwürfe gegen die Führung in Moskau.
Filiale der Gazprombank in Moskau

Filiale der Gazprombank in Moskau

Foto: Maxim Shemetov / REUTERS

Öffentliche Kritik am Angriff auf die Ukraine wird in Russland hart bestraft – das Putin-Regime duldet nicht einmal den leisesten Widerspruch und geht brutal gegen Kritiker vor. Umso bemerkenswerter ist, was ein langjähriger Topmanager der Gazprombank nun getan und in einem Videointerview begründet hat.

»Ich will mich von meiner russischen Vergangenheit reinwaschen«, sagte Igor Wolobujew in dem Interview, das schon mehr als 200.000 Aufrufe hat. Er sei schon am 2. März aus Russland ausgereist. Seine Flucht begründete Wolobujew damit, dass er selbst in der Ukraine geboren sei, den Angriffskrieg Russlands verurteile und er »mit der Waffe in der Hand meine Heimat verteidigen« wolle. Auch russischsprachige Medien berichteten über die Flucht des Managers.

Igor Wolobujew (Screenshot)

Igor Wolobujew (Screenshot)

Foto: The Insider / Youtube

Er kritisierte in dem Interview auch seinen ehemaligen Arbeitgeber Gazprom, den er als »Gasknüppel« Russlands bezeichnete. Moskau habe mit dem Gas schon immer versucht, seine Nachbarn und Europa zu erpressen. Die Pipelineprojekte Nord Stream 1, Nord Stream 2 und Turk Stream hätten stets das politisch motivierte Ziel gehabt, die Ukraine als Transitland für russisches Gas auszuschalten, sagte Wolobujew.

Der Kreml und Gazprom hatten solche Vorwürfe stets zurückgewiesen und betont, es handele sich um rein wirtschaftliche Projekte. Wolobujew arbeitete nach eigenen Angaben sechs Jahre lang als Vizechef der Gazprombank, eines Tochterunternehmens des Energieriesen Gazprom. Davor war er als PR-Manager 16 Jahre lang bei Gazprom tätig.

In dem Interview kommentierte er auch eine Serie an vermeintlichen Suiziden von Topmanagern russischer Energiekonzerne. Wolobujew bezweifelte nach eigener Aussage, dass sie sich selbst das Leben genommen hätten.

Vladislav Avayev, ehemaliger Vizepräsident der Gazprombank, war in einem Moskauer Apartment tot aufgefunden worden, genauso wie seine Frau und die 13-jährigen Töchter. Offiziellen russischen Angaben zufolge handelt es sich um einen erweiterten Suizid. »Ich denke nicht, dass er fähig war, seine Familie zu töten«, sagte Wolobujew nun. Die Sache sei inszeniert. »Wofür? Das ist schwer zu sagen. Er wusste vielleicht etwas. Er stellte vielleicht eine Bedrohung dar«, sagte Wolobujew dem russischen Investigativportal »The Insider« .

ber/dpa
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