Teherans »Geiseldiplomatie« Belgier in Iran zu mehrjähriger Haftstrafe verurteilt

Protest gegen die Verurteilung in Brüssel im Dezember
Ein belgischer Mitarbeiter einer Hilfsorganisation muss in Iran nach Behördenangaben mehre Jahre im Gefängnis absitzen. Wie das offizielle Justizportal »Misan« bekannt gab, wurde der Entwicklungshelfer Olivier Vandecasteele zu insgesamt 27,5 Jahren Haft verurteilt.
Das Revolutionsgericht in Teheran verhängte demnach jeweils 12,5 Jahre Haft wegen angeblicher Spionage und Kooperation mit dem Erzfeind USA. Darüber hinaus wurde der Belgier wegen angeblichen Geldschmuggels zu 2,5 Jahren Haft, einer Geldbuße sowie 74 Peitschenhieben verurteilt. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, muss Vandecasteele nur zwölfeinhalb Jahre der Haftstrafe abbüßen. Er kann demnach noch in Berufung gegen das Urteil gehen.
Seit Februar in Haft
Vandecasteele war im Februar 2022 festgenommen worden. Die belgische Regierung beschreibt seine Haftbedingungen als »unmenschlich«.
Die belgische Außenministerin Hadja Lahbib schrieb auf dem Onlinedienst Twitter, Iran habe zu keinem Zeitpunkt offiziell Informationen über die Anklagepunkte und das Urteil zur Verfügung gestellt.
Mitte Dezember hatte Vandecasteeles Familie mitgeteilt, nach ihren Informationen sei der 41-Jährige wegen unbekannter Anklagepunkte zu 28 Jahren Haft verurteilt worden.
Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger in Iran inhaftiert. Viele von ihnen haben auch die iranische Staatsbürgerschaft. Die Sicherheitsbehörden begründen die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage.
Teheran ordnet strikte Strafen bei Verstößen gegen Kopftuchpflicht an
Die Beziehungen zwischen Iran und Belgien sind angespannt. Im Dezember hatte das belgische Verfassungsgericht einem umstrittenen Gefangenenaustausch mit Iran einen Riegel vorgeschoben. Vandecasteele sollte im Rahmen eines Abkommens mit einem verurteilten iranischen Diplomaten ausgetauscht werden. Der iranische Diplomat Assadollah Assadi war in Belgien wegen eines 2018 vereitelten Anschlags auf iranische Oppositionelle nahe Paris zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.
Unterstützer des Belgiers und Menschenrechtsgruppen sehen in der Verurteilung Vandecasteeles vor diesem Hintergrund ein Beispiel iranischer »Geiseldiplomatie« – den Versuch Teherans, Belgien zur Freilassung des iranischen Diplomaten zu bewegen.
Auch gegen die anhaltenden Proteste gegen die Unterdrückungsmaßnahmen im Land geht die iranische Führung weiter strikt vor. Die iranische Justiz wies die Behörden an, Verstöße gegen die Kopftuchpflicht streng zu verfolgen. Wie die iranische Nachrichtenagentur »Mehr« berichtete, erließ die Generalstaatsanwaltschaft eine Anweisung an Polizei und Gerichte, »jeden Hidschab-Verstoß strikt zu bestrafen«.
Die Gerichte im Land müssten bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht die Täterinnen aburteilen, sie mit Geldstrafen belegen sowie mit »zusätzlichen Strafen wie Exil, Berufsverbot und Schließung ihrer Arbeitsstätte«, zitierte »Mehr« aus der Anordnung. Die Strafen gelten nicht nur für die Frauen, sondern für alle Verstöße – auch etwa für Restaurantbesitzer, die eine Frau ohne Kopfbedeckung bewirten. Wegen solcher Vorfälle wurde kürzlich die Schließung mehrerer Cafés und Restaurants angeordnet.
Trotz internationaler Verurteilung etwa durch die Uno wurde am Dienstag ein weiterer Mensch im Kontext der Demonstrationen zum Tode verurteilt.