Peitschenhiebe, Knochenbrüche, Elektroschocks Betroffene berichten über systematische Folter durch iranische Sicherheitskräfte

Seit Beginn der Massenproteste wurden in Iran etliche Menschen durch Polizeigewalt getötet und Tausende festgenommen. Ein Medienbericht liefert nun Details zu Misshandlungen bei Verhören und in der Haft.
Iranische Sicherheitskräfte in Teheran (Symbolbild vom 3. Oktober)

Iranische Sicherheitskräfte in Teheran (Symbolbild vom 3. Oktober)

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West Asia News Agency / REUTERS

Dass das Mullah-Regime in Iran mit äußerster Härte gegen seine Gegner vorgeht, ist bekannt. Wie es den Tausenden ergeht, die gegen die Landesführung auf die Straße gingen und dann festgenommen wurden, lässt sich hingegen oft nur schwer nachverfolgen. Laut Menschenrechtsorganisationen wurden infolge der Unterdrückung schon mehr als 500 Personen getötet, unter ihnen 70 Minderjährige.

NDR, WDR und »Süddeutsche Zeitung«  haben nun die Berichte von Betroffenen zusammengetragen, die von iranischen Sicherheitskräften misshandelt wurden – und überlebten. Sie seien schon bei Verhören und der Verhaftung mit Knüppeln oder Fäusten geschlagen worden, teilweise seien ihnen auch Knochen gebrochen worden, schildern die mehr als ein Dutzend Betroffenen und ein nach Deutschland geflüchteter Gefängniswärter demnach in übereinstimmenden Aussagen.

In Haft habe man sie über Tage und Wochen körperlich und psychisch gefoltert. So hätten sie 24 Stunden mit verbundenen Augen knien müssen. Andere Iraner berichten, sie hätten gesehen, wie Menschen mit Wasserschläuchen ausgepeitscht und mit Elektroschockern gefoltert wurden.

In insgesamt drei Fällen sollen die Betroffenen an Möbelstücken festgebunden und mit Gummiknüppeln oder Elektroschockern sexuell missbraucht worden sein. Die teils massiven Verletzungen seien tagelang nicht behandelt worden. Mehrere Betroffene seien mit der Todesstrafe bedroht worden.

Gefängniswärter folterten offenbar jahrelang und durften keine Gnade zeigen

Der ehemalige Gefängniswärter bestätige laut dem Rechercheverbund die gängige Folterpraxis. Über zehn Jahre hätten er und seine Kollegen in verschiedenen Haftanstalten in Iran Gefangene gequält und keine Gnade zeigen dürfen. NDR, WDR und »SZ« haben zahlreiche Angaben mit öffentlich verfügbaren Informationen abgeglichen. Diese könnten auch durch externe Dokumente wie medizinische Berichte und Aussagen Dritter zusätzlich belegt werden.

Ein dem Rechercheverbund vorliegender vertraulicher Lagebericht des Auswärtigen Amts (AA) bestätigt »zahlreiche Berichte über durch Folter und psychischen Druck erzwungene Geständnisse«. Zudem seien »seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung bei Verhören und in Haft« bei politischen Häftlingen üblich.

Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im September wird landesweit gegen die Regierung protestiert . Amini war nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei gestorben, Aktivisten zufolge wurde sie misshandelt. Die Behörden gehen hart gegen die Demonstranten vor, bisher sind bereits mehrere Todesurteile vollstreckt und rund 14.000 Menschen festgenommen worden.

fek/AFP
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