Explosionen in Militäranlage Steckt Israel hinter den Drohnenangriffen in Iran?

Iran hat nach eigenen Angaben einen Drohnenangriff auf eine Militäranlage abgewehrt. US-Medien und die »Jerusalem Post« sprechen dagegen von einem israelischen Erfolg. Auch Kiew äußert sich – mit Schadenfreude.
Screenshot eines Augenzeugenvideos: Die Explosion soll sich in der Nähe von Isfahan ereignet haben

Screenshot eines Augenzeugenvideos: Die Explosion soll sich in der Nähe von Isfahan ereignet haben

Foto: WANA NEWS AGENCY / via REUTERS

Eine Militäranlage in der Nähe der iranischen Stadt Isfahan ist in der Nacht von Drohnen angegriffen worden. In den sozialen Medien kursieren Bilder einer gewaltigen Explosion. Irans Verteidigungsministerium spielt den Vorfall herunter: Den in dem Komplex stationierten Sicherheitskräften sei es gelungen, den Angriff abzuwehren, lediglich am Dach des Gebäudes habe es »leichte Schäden« gegeben. Westliche Geheimdienste feierten den Angriff als »phänomenalen Erfolg«, schreibt dagegen die »Jerusalem Post« . Es habe vier Explosionen gegeben und der Schaden sei weitaus schlimmer, als die Islamische Republik behaupte. Auch das »Wall Street Journal«  will von »mit der Operation vertrauten Personen« erfahren haben, dass Israel hinter den Attacken steckt.

Irans Außenminister bestätigte indirekt, dass der Angriff dem umstrittenen Nuklearprogramm des Landes galt: »Solche Aktionen werden die Entschlossenheit unserer Experten nicht beeinträchtigen, in unserer friedlichen Nukleararbeit voranzukommen«, sagte Hossein Amir-Abdollahian vor Reportern in einer im Fernsehen übertragenen Stellungnahme. Er sprach von einem »feigen Akt«, der das Ziel habe, »Iran unsicherer zu machen«.

Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian nannte den Drohenangriff »einen feigen Akt«

Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian nannte den Drohenangriff »einen feigen Akt«

Foto: Vahid Salemi / AP

In einer Pressemitteilung von Irans Staatsagentur Irna heißt es, das Gebäude sei schon zuvor auf ähnliche Weise angegriffen worden. Die vor Ort stationierten Sicherheitskräfte hätten die nahenden Drohnen am Geräusch erkannt. Zwei der Drohnen seien noch in der Luft zerstört worden, eine sei abgeschossen worden und die Überreste befänden sich nun in den Händen der iranischen Sicherheitskräfte. Es handele sich um »drei fortschrittliche, mit Bomben bestückte Quadrokopter«, also mit vier Rotoren ausgestattete Drohnen.

Israel bestätigt nur selten Operationen, die von den geheimen Militäreinheiten des Landes oder dem Geheimdienst Mossad durchgeführt werden und lehnte auch am Sonntag eine Stellungnahme ab. Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu, der vor Kurzem wieder in das Amt des Ministerpräsidenten eingeführt wurde, betrachtet Iran seit Langem als größte Bedrohung für sein Land. Wachsende Spannungen mit Iran sollen auch der Hintergrund der großen Militärübung gewesen sein, die Israel zusammen mit den USA vor wenigen Tagen startete.

Die Regierung der Ukraine stellte unterdessen eine Verbindung zu den Kämpfen in ihrem Land her. »Kriegslogik ist erbarmungslos & mörderisch. Sie zieht die Urheber & Komplizen konsequent zur Rechenschaft«, twitterte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. »Explosive Nacht in Iran – Drohnen- und Raketenproduktion, Ölraffinerien. Haben euch gewarnt.« Die Ukraine beschuldigt Iran, Drohnen an Russland zu liefern, um zivile Ziele in weit von der Front entfernten ukrainischen Städten anzugreifen.

Gab es noch weitere Angriffe?

Es soll noch weitere Explosionen in anderen Teilen des Landes gegeben haben, dies wurde bislang aber nicht offiziell bestätigt. Das iranische Staatsfernsehen berichtete von einem Feuer in einer Ölraffinerie in einem Industriegebiet in der Nähe der nordwestlichen Stadt Täbris. Die Ursache sei noch nicht bekannt.

In der Region Isfahan verfügt Iran über mehrere Atomforschungsanlagen. Im April 2021 hatte Teheran angekündigt, dass am Standort Natans in der Provinz Isfahan die Produktion von auf 60 Prozent angereichertem Uran begonnen habe. Für die Herstellung einer Atombombe ist auf 90 Prozent angereichertes Uran erforderlich. Experten zufolge könnte Iran den spaltbaren Reinheitsgrad seines Urans in kurzer Zeit auf diese Qualität erhöhen. Für den Bau eines tauglichen Sprengkopfes bräuchte das Land vermutlich jedoch Jahre.

In den vergangenen Jahren hatte Teheran Israel mehrere verdeckte Aktionen auf iranischem Boden vorgeworfen, darunter die Tötung des Wissenschaftlers Mohsen Fachrisadeh. Der Kernphysiker war im November 2020 bei einem Attentat auf sein Auto nahe Teheran getötet worden. Israel hat sich nie zu der Tötung geäußert.

Die Verhandlungen über das internationale Atomabkommen mit Iran stecken seit Monaten fest. Die 2015 beschlossene Vereinbarung sollte das iranische Nuklearprogramm begrenzen und sicherstellen, dass das Land keine Atomwaffen baut. Ausgehandelt hatten es die USA, China, Russland, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Iran.

Unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump stiegen die USA aber 2018 einseitig aus dem Abkommen aus und verhängten neue Sanktionen gegen Teheran. Daraufhin zog sich auch Iran schrittweise von seinen Verpflichtungen und aus dem Abkommen zurück und schränkte die Inspektionen seiner Anlagen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ein.

vet/Reuters/AP
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