Attacke in Wien IS bekennt sich zu Terroranschlag

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" reklamiert den Anschlag in Wien für sich. Ein "Soldat des Kalifats" habe mehrere Menschen getötet oder verletzt, hieß es auf Telegram.
Einer der Tatorte in Wien

Einer der Tatorte in Wien

Foto: Helmut Fohringer / dpa

Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hat sich zu dem Terroranschlag in Wien mit vier Toten bekannt. Ein "Soldat des Kalifats" habe die Attacke mit Schusswaffen und einem Messer verübt und rund 30 Menschen getötet oder verletzt, darunter auch Polizisten, teilte der IS am Dienstag auf seiner Plattform Naschir News mit.

Das IS-Propagandaorgan Amaq veröffentlichte eine weitere Erklärung zu "einem Angriff mit Schusswaffen", der "gestern von einem Kämpfer des Islamischen Staats in der Stadt Wien" begangen worden sei, und veröffentlichte zudem ein Foto des Angreifers. Offenkundig ist es vor der Tat aufgenommen worden.

Laut Rita Katz, Direktorin der auf Propaganda von Extremisten spezialisierten Site Intelligence Group, entspricht es einem Foto, das kurz nach dem Angriff im Internet kursierte. Der IS verbreitete auch ein Video des Mannes, in dem dieser dem IS und dessen Anführer Abu Ibrahim al-Haschimi al-Quraischi die Treue schwört.

Die Posts deuten darauf hin, dass der Attentäter vor dem Anschlag Kontakt zum IS gehabt haben könnte. Dass der IS die Tat aber gesteuert oder geplant hat, belegen sie nicht.

Der Attentäter wurde durch Schüsse der Polizei getötet

In der Wiener Innenstadt hatte am Montagabend der 20-jährige Kujtim F. auf Passanten geschossen. Der IS-Sympathisant zog mit Sturmgewehr, Pistole und Machete sowie einer Sprengstoffgürtel-Attrappe durch ein Ausgehviertel nahe einer Synagoge. Vier Menschen, darunter eine deutsche Staatsangehörige, erlagen ihren Verletzungen, 14 weitere Menschen wurden verletzt, zum Teil lebensgefährlich. Die Polizei erschoss den Angreifer.

F. wurde in Österreich nahe Wien geboren und hatte auch die nordmazedonische Staatsbürgerschaft. Schon lange war er auf dem Radar der Behörden. Er hatte nach Angaben von Innenminister Nehammer versucht, nach Syrien auszureisen, um sich dort dem IS anzuschließen. Die Behörden hinderten ihn daran, am 25. April 2019 verurteilte ein Gericht ihn wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu 22 Monaten Haft. Anfang Dezember wurde F. jedoch vorzeitig entlassen.

Das System "brutal, perfide ausgetrickst"

F. habe es geschafft, die Justizbehörden vor der Entlassung von seiner Deradikalisierung zu überzeugen, sagte Nehammer. Er habe das entsprechende Programm "brutal, perfide ausgetrickst", so der Minister. "Es kam zu einer vorzeitigen Entlassung eines Radikalisierten." Auch danach habe er sich geläutert gegeben: "Er hat sich besonders bemüht, auch bei der Bewährungshilfe." Die Frage, ob der Mann nach seiner Entlassung von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet wurde, beantwortete der Minister nicht klar. Er habe sich aber frei bewegen können.

Nehammer kündigte eine Überprüfung des Systems zum Umgang mit radikalisierten Häftlingen an. Zudem wolle das Justizministerium stärker auf Einschätzungen der Verfassungsschutzbehörden zurückgreifen, wenn es um mögliche Entlassungen von Extremisten gehe.

Mehrere Festnahmen im Umfeld des Täters

Nach dem Blutbad wurden 14 Menschen aus dem Umfeld des Täters vorläufig festgenommen und 18 Wohnungen durchsucht. Man befinde sich in einer "sensiblen Phase", in der sicherzustellen sei, dass es nicht zu Nachahmungstaten komme, sagte Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

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Kanzler Kurz warnte in einer Fernsehansprache vor einer Spaltung der Gesellschaft. "Es muss uns stets bewusst sein, dass dies keine Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen oder zwischen Österreichern und Migranten ist." Es sei ein Kampf zwischen den vielen Menschen, die an den Frieden glaubten, und jenen wenigen, die sich den Krieg wünschten. Religion und Herkunft dürften nie Hass begründen. "Wir werden die Opfer des gestrigen Abends niemals vergessen und gemeinsam unsere Grundwerte verteidigen."

slü/AFP/dpa

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