Kriminelle Vergangenheit Israels Generalstaatsanwältin fordert Netanyahu zu Ministerentlassung auf

Israels Oberstes Gericht erklärte die Ernennung eines vorbestraften Ministers für »unangemessen«. Regierungschef Netanyahu reagierte darauf bislang nicht. Nun legt die Generalstaatsanwältin nach.
Israelischer Ministerpräsident Netanyahu: Neue Regierung gleich in der Krise

Israelischer Ministerpräsident Netanyahu: Neue Regierung gleich in der Krise

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Atef Safadi / dpa

In Israel entwickelt sich eine Kontroverse um Innen- und Gesundheitsminister Arie Deri zunehmend zur Staatskrise. Nach einem Urteil des Obersten Gerichts forderte nun Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara den wiedergewählten Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu auf, einen seiner wichtigsten Minister zu entlassen. Netanyahu müsse dem wegweisenden Urteil nachkommen und den Innen- und Gesundheitsminister Arie Deri aus seinen Ämtern entfernen, erläuterte sie in einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben.

Das Oberste Gericht hatte am Mittwoch verkündet, dass Deri, ein langjähriger Verbündeter Netanyahus, wegen einer Verurteilung wegen Steuervergehen nicht als Kabinettsminister fungieren kann. Die Ernennung des Vorsitzenden der strengreligiösen Schas-Partei zum Minister sei »unangemessen«. Zudem führten die Richter an, dass Deri 2021 bei einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung vor Gericht versichert hatte, sich aus der Politik zurückzuziehen. Deri bekleidet derzeit das Amt des Innen- und Gesundheitsministers.

Netanyahu hat bislang noch nicht offiziell auf das Urteil reagiert. Es gilt als schwerer Schlag für die neue rechts-religiöse Regierung. Deris Ernennung war eine entscheidende Forderung der Schas-Partei bei den Koalitionsverhandlungen mit Netanyahu. Mitglieder der Partei drohten bereits, die Regierung zu verlassen, falls Deri seinen Posten verlieren sollte. Die Partei hält elf der 64 Sitze der Regierungskoalition im Parlament. Damit Deri trotz Verurteilung Minister werden konnte, hatte die neue Koalition eigens ein Gesetz geändert.

Innen- und Gesundheitsminister Arie Deri: Ernennung »unangemessen«

Innen- und Gesundheitsminister Arie Deri: Ernennung »unangemessen«

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Amir Cohen / dpa

Es wird befürchtet, dass das Urteil den Streit in Israel um Reformen des Justizsystems noch weiter befeuern könnte. (Lesen Sie hier mehr über die umstrittene Justizreform.) Der neue Justizminister Jariv Levin teilte mit, er werde »alles Notwendige tun, um das Unrecht gegenüber Deri wiedergutzumachen«. Er hatte vor wenigen Wochen bereits Pläne zur gezielten Schwächung des Obersten Gerichts vorgestellt. Zehntausende Menschen gingen gegen das Vorhaben auf die Straßen. Am Samstag ist erneut eine große Demonstration in Tel Aviv geplant.

Eine Mehrheit im Parlament soll den Plänen nach ein Gesetz verabschieden können, auch wenn es nach Ansicht des Obersten Gerichts gegen das Grundgesetz verstößt. Levin will außerdem die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern ändern. Er wirft dem Obersten Gericht etwa eine übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor.

sol/dpa/AP
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