Beisetzung in Jerusalem Tausende Ultraorthodoxe verstoßen gegen Corona-Regeln

Oft ohne Maske und Abstand haben mehrere Tausend Ultraorthodoxe die Beerdigung eines einflussreichen Rabbiners begleitet. Israels Premier Netanyahu verurteilte das Verhalten scharf – und fordert ein Vorgehen mit »eiserner Faust«.
Scharen Gläubiger gedachten eines einflussreichen Rabbiners in Jerusalem – oft ohne Corona-Schutz

Scharen Gläubiger gedachten eines einflussreichen Rabbiners in Jerusalem – oft ohne Corona-Schutz

Foto: ABIR SULTAN/EPA-EFE/Shutterstock

Bei den Impfungen liegt Israel weiter ganz weit vorn, Corona-Verstöße gibt es jedoch auch an der Ostküste des Mittelmeers: Tausende streng religiöse Juden haben am Sonntag an einem Begräbnis in Jerusalem teilgenommen und damit gegen die Corona-Vorschriften verstoßen.

Beigesetzt wurde ein einflussreicher Rabbiner, der nach israelischen Medienberichten im Alter von 99 Jahren gestorben war. Er habe sich im vergangenen Jahr mit dem Coronavirus infiziert, hieß es. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie Tausende Ultraorthodoxer ungehindert und dicht gedrängt auf den Friedhof strömten. Viele von ihnen trugen keine Masken.

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Die Infektionszahlen in Israel sind insbesondere in den ultraorthodoxen jüdischen und den arabischen Bevölkerungsteilen hoch. Seit drei Wochen gilt in dem Land ein Lockdown, gegen den es allerdings immer wieder Verstöße gibt. Wegen eines Streits zwischen dem rechtskonservativen Likud des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu sowie dem Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz könnten die Maßnahmen aufgehoben werden. Gantz fordert eine Verschärfung der Strafen für Regelverstöße als Bedingung für eine Verlängerung.

Gantz verurteilte die Verstöße gegen den Lockdown scharf. »So sieht eine ungleiche Umsetzung von Regeln aus«, schrieb er bei Twitter zu der Massenteilnahme an dem Begräbnis. »Millionen von Familien und Kindern sind zu Hause eingeschlossen und halten sich an die Regeln, während Tausende Ultraorthodoxe sich auf einem Begräbnis drängen, die meisten auch ohne Masken.«

Er sei nicht bereit, der Verlängerung eines solchen »Fake-Lockdowns« zuzustimmen. Die Regeln müssten für alle oder für niemanden gelten.

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Beisetzung in Jerusalem

Foto: MENAHEM KAHANA / AFP

Ministerpräsident Netanyahu hatte die Polizei zuletzt dazu aufgerufen, gegen alle Gesetzesbrecher mit »eiserner Faust« vorzugehen. Es kam jedoch zu immer neuen Verstößen. Die Regierungen Netanyahus hatten sich in den vergangenen Jahren auch auf ultraorthodoxe Parteien gestützt. Viele Kritiker warfen dem 71-Jährigen in der Coronakrise wiederholt vor, zu viel Rücksicht auf die Interessen der Strengreligiösen zu nehmen. Am 23. März wird in Israel zum vierten Mal binnen rund zwei Jahren gewählt. Netanyahu will erneut Ministerpräsident werden.

Großteil der Corona-Infektionen zuletzt bei Strengreligiösen

Viele Ultraorthodoxe fühlen sich vom Staat Israel nicht vertreten. Sie leben teilweise in einer Art Parallelwelt und folgen eher Vorgaben ihrer Rabbiner als denen des Staates. Ein großer Teil der Corona-Neuinfektionen wurde zuletzt unter den Strengreligiösen verzeichnet. In ultraorthodoxen jüdischen Wohnvierteln leben häufig größere Familien auf engem Raum zusammen.

Der Lockdown in Israel endet in der Nacht zum Montag automatisch. Das Gesundheitsministerium dringt angesichts der hohen Infektionszahlen auf eine Verlängerung der Maßnahmen. Auch die Schließungen des internationalen Flughafens Ben Gurion und der Landesgrenzen sind nur bis Ende Januar terminiert. Am Sonntag wird mit einer Entscheidung über das weitere Vorgehen gerechnet.

Sechs Wochen nach Beginn der Impfkampagne in Israel haben bereits rund drei Millionen Menschen im Land die Erstimpfung gegen das Coronavirus erhalten. Das ist etwa ein Drittel der Bevölkerung. Rund 1,7 Millionen Israelis seien bereits zweimal geimpft worden, teilte das Gesundheitsministerium am Samstag mit. Gleichzeitig blieben die Infektionszahlen in dem kleinen Mittelmeerland hoch. 6435 neue Fälle wurden den Angaben zufolge binnen 24 Stunden verzeichnet.

flg/dpa-AFX
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