Massenproteste gegen Regierung Netanyahu Israels Polizeiminister kündigt Verschiebung der umstrittenen Justizreform an

Polizeiminister Itamar Ben-Gvir
Foto: Ohad Zwigenberg / dpaSeit Wochen tobt der Streit über die umstrittene Justizreform der rechts-religiösen Regierung in Israel. Nun hat Polizeiminister Itamar Ben-Gvir eine Verschiebung angekündigt. Er habe sich mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu darauf verständigt, das Thema erst nach der Pause des Parlaments Ende Juli wieder zu behandeln, teilte ein Sprecher mit.
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Im Gegenzug werde eine »Nationalgarde« eingerichtet, teilte der rechtsextreme Minister mit. Was dies konkret bedeutet, ist bislang unklar.
Medienberichten zufolge wollte sich Netanyahu noch im Laufe des Montags zu der umstrittenen Justizreform äußern. Die genaue Uhrzeit war jedoch zunächst nicht bekannt. Eine für den Vormittag angekündigte Ansprache war verschoben worden.
Seit Wochen treibt Israels rechts-religiöse Regierung ihre höchst umstrittene Reform voran. Sie sieht vor, dass die Regierung die Kontrolle über die Ernennung von Richtern am Obersten Gerichtshof bekommt. Zudem hätte die Regierung die Möglichkeit, Gerichtsurteile auf der Grundlage einer einfachen parlamentarischen Mehrheit außer Kraft zu setzen. Kritiker sehen darin eine Aushöhlung oder gar das Ende der Demokratie im Land.
Netanyahu hatte seinen Verteidigungsminister Joav Galant am Sonntagabend entlassen. Galant hatte zuvor zu Gesprächen mit Kritikern und einem Stopp der umstrittenen Pläne für eine Justizreform aufgerufen und vor einer Gefahr für Israels Sicherheit gewarnt.
Zehntausende protestieren
Am Montag protestierten vor Israels Parlament, der Knesset, zahlreiche Menschen. Manche Medien schrieben von 80.000, die »Times of Israel« sogar von 100.000 Teilnehmern. Zahlreiche Geschäfte und israelische Botschaften blieben am Montag geschlossen, ebenso Universitäten.
Auch Hightech-Unternehmen schlossen sich dem Generalstreik an – die dynamische Start-up-Szene gilt als wichtigstes Zugpferd der israelischen Wirtschaft. Krankenhäuser waren ebenfalls von dem Streik betroffen. Sie arbeiteten in einem abgespeckten Schichtsystem. Nur wenige Flugzeuge starteten noch vom internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv.