Anhörung zu Medienfreiheit Slowenischer Premier sorgt für Eklat im Europaparlament

Der slowenische Ministerpräsident Janez Janša sollte sich im Europaparlament zur Lage der Medien in seinem Land äußern. Aber sein Auftritt endete abrupt.
Janez Janša in Brüssel (Bild von Juli 2020)

Janez Janša in Brüssel (Bild von Juli 2020)

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John Thys / dpa

Im Europaparlament ist es zum Eklat mit dem slowenischen Ministerpräsidenten Janez Janša gekommen. Bei einer Anhörung zur Lage der Medien in seinem Land forderte der rechtskonservative Regierungschef am Freitag, dass zu Beginn ein von ihm vorgelegtes Video zum Thema gezeigt werde. Nachdem ihm dieser Wunsch verwehrt wurde, kam es zum hitzigen Wortwechsel mit der Ausschussvorsitzenden Sophie in 't Veld. Schließlich verließ Janša den Webstream, ohne sich zu verabschieden. An der angesetzten Fragerunde nahm er nicht mehr teil. In 't Veld sprach von fehlendem Respekt.

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Kritiker werfen Janša, dessen Partei zur christdemokratischen Parteienfamilie in Europa gehört, seit Längerem vor, unabhängige Medien in Slowenien unter Druck zu setzen. Der Ministerpräsident selbst hat in- und ausländische Journalisten beschimpft, die kritisch berichten. Unter anderem dazu wollten die Abgeordneten der Beobachtungsgruppe für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte den Politiker am Freitag befragen. Normalerweise werden derlei Treffen nicht öffentlich übertragen, Janša hatte jedoch darauf bestanden.

Mitte des Jahres übernimmt Slowenien turnusmäßig den Vorsitz der 27 EU-Staaten.

Janša zufolge sollte es in dem fraglichen Video um Angriffe und einen versuchten Mordversuch auf Journalisten in Slowenien gehen. Warum genau er das Video zeigen wollte, sagte er nicht.

Videos im Ausschuss seien nicht üblich

In 't Veld verwies darauf, dass die Datei zu spät eingereicht worden sei. Sie sagte, es gebe technische Probleme. Das Video könne am Ende der Sitzung gezeigt werden. In jedem Fall würde es allen Abgeordneten zugesandt. Mehrfach betonte die liberale Politikerin, das Video nicht vertuschen zu wollen. Grundsätzlich sei es aber nicht üblich, dass in dem Ausschuss Filme gezeigt würden. Sie betonte, Janša sei als Premier sicher in der Lage, die Situation in seinem Land mündlich zu schildern.

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Janša warf ihr im Gegenzug Zensur vor und betonte, das Video sei drei Stunden vor Beginn der Sitzung an das Parlament gegangen. Das Ganze sei eine abgekartete Sache. Auch sein Kulturminister Vasko Simoniti klinkte sich ohne Vorwarnung aus der Videoschalte aus.

Janšas Verhalten sei eine »Posse«

Die Abgeordneten reagierten empört und besorgt. »Janšas Verhalten vor unserem Parlamentsausschuss ist eine Posse und eines Regierungschefs unwürdig«, sagte die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley der Nachrichtenagentur dpa. Anstatt sich den Fragen zu stellen, habe Janša kalte Füße bekommen und sei aus dem laufenden Treffen geflohen. »Janšas systematischer Abbau der Medienfreiheit, seine üblen Beschimpfungen von Journalisten verbunden mit der Unfähigkeit, sich demokratischer Kontrolle zu stellen, sind höchst beunruhigend und verheißen nichts Gutes für die bald beginnende slowenische Ratspräsidentschaft.«

Sergey Lagodinsky (Grüne) sprach von einem »Mini-Trump«. Janša habe die sachliche Diskussion bewusst entgleisen lassen. »Eigentlich war das die beste Demonstration und Veranschaulichung dessen, was in dem Land unter seiner Führung passiert.« Mit Blick auf die slowenische EU-Ratspräsidentschaft und die Ausbreitung des populistischen Lagers in Europa sei das besorgniserregend, sagte er der dpa.

Der 62-jährige Janša wurde erstmals 2004 Ministerpräsident Sloweniens und hat das Amt inzwischen bereits zum dritten Mal inne. Sein Stil gilt als autoritär.

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