Hacker-Angriff auf Amazon-Chef Bezos Prinz unter Spionageverdacht

Hat Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman das Handy von Amazon-Chef Jeff Bezos gehackt? Medienberichte legen das nahe. Was über die Affäre bekannt ist.
Mohammed bin Salman: War der Kronprinz in den Bezos-Hack verstrickt?

Mohammed bin Salman: War der Kronprinz in den Bezos-Hack verstrickt?

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HO/ AFP

Noch müssen die Berichte im Konjunktiv geschrieben werden. Noch ist es nur eine Vermutung, dass Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman  das Handy von Amazon-Chef Jeff Bezos gehackt hat. Doch sollte sich der Verdacht erhärten, dann steht das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und den USA vor einer schweren Belastungsprobe.

Uno-Ermittler erklärten am Mittwoch, dass sie mit "angemessener Sicherheit" davon ausgehen, dass Bezos Handy von einem Account des Kronprinzen gehackt worden sei. Sie forderten eine "sofortige Ermittlung". "Der Guardian"  hatte zuvor von einer forensischen Untersuchung berichtet, die Mohammed bin Salman (kurz: MbS) belastet. Nach wie vor ist vieles an dem Fall unklar, doch schon jetzt hat er das Potenzial, sich zu einer Staatsaffäre auszuwachsen. Der Überblick.

Was steckt hinter dem mutmaßlichen Spionageangriff?

Bezos' Handy  soll im Mai 2018 gehackt worden sein. Monate später, im Januar 2019, veröffentlichte das US-Boulevard-Magazin "National Enquirer" intime Details aus dem Privatleben des Amazon-Gründers. Es berichtete unter anderem über eine Affäre des Unternehmers und machte Text-Nachrichten an seine Freundin publik.

Schon damals stellte sich die Frage, wie das Boulevard-Blatt an die Daten gelangt war. Bezos ließ private Ermittlungen einleiten. Wenige Wochen später, am 7. Februar 2019, veröffentlichte der Amazon-Gründer dann einen Blog-Eintrag mit dem Titel "Nein danke, Herr Pecker" . Gemeint war David Pecker, der Eigentümer des "National Enquirer".

"National Enquirer"-Eigentümer Pecker: Wurde Bezos erpresst?

"National Enquirer"-Eigentümer Pecker: Wurde Bezos erpresst?

Foto: STRINGER/ REUTERS

Bezos beschuldigte Pecker der Erpressung: Der "National Enquirer" soll mit weiteren privaten Enthüllungen gedroht haben, sollte der Amazon-Chef seine Fahndung nach dem Leak fortsetzen.

Peckers Verlag hingegen behauptet, nicht auf Geheiß oder unter Einfluss "externer Kräfte, politischer oder anderweitiger" gehandelt zu haben. Lange stand der Bruder der neuen Lebensgefährtin vom Bezos in Verdacht, die Daten an den "Enquirer" weitergeleitet zu haben. Wohl zu Unrecht.

Wie genau soll der Hack abgelaufen sein?

Laut "Guardian" erhielt Bezos im Mai 2018 eine Nachricht von einer Nummer, die bin Salman zugeordnet wird. Diese habe eine Videodatei mit mutmaßlicher Spyware enthalten. Eine digitalforensische Analyse, die das Blatt zitiert, kommt demnach zum Ergebnis, dass "mit hoher Wahrscheinlichkeit" auf diesem Wege in Bezos' Handy eingedrungen wurde. Daraufhin sei eine große Menge an Daten vom Smartphone des Amazon-Gründers abgeflossen.

Jeff Bezos (l.), Mohammed bin Salman

Jeff Bezos (l.), Mohammed bin Salman

Foto:

BANDAR AL-JALOUD/ AFP

Bezos und bin Salman hatten Wochen zuvor gemeinsam an einem Abendessen in Hollywood teilgenommen. Der saudi-arabische Thronfolger reiste damals durch die USA. Der "Guardian" zitiert anonyme Quellen, wonach Bezos und bin Salman einen freundlichen Austausch über WhatsApp pflegten, ehe die mutmaßliche Spyware versendet worden sein soll.

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Einem Bericht der "Financial Times"  zufolge wurde die forensische Analyse von der in Washingtoner Beratungsfirma "FTI Consulting" durchgeführt. Darin tauchten jedoch keine endgültigen Beweise für eine Beteiligung bin Salmans auf.

Saudi-Arabiens Botschaft in Washington bezeichnete Berichte, wonach das Königreich hinter einem Hack von Bezos' Handy stecke, auf Twitter als "absurd".

Bringt die Uno Klarheit in den Fall?

Laut "Reuters" bezieht sich die Uno auf den Bericht des Sicherheitsteams von Bezos und stuft diesen als glaubhaft an. Nach Ansicht externer Fachleute ist der Fall zwar nicht hieb- und stichfest; die Hinweise seien aber stark genug, um eine weitere Untersuchung zu rechtfertigen. Zwei Uno-Vertreter arbeiten demnach an einem umfassenden Bericht, der im Juni vorgelegt werden soll.

Steht der mutmaßliche Hackerangriff im Zusammenhang mit dem Mordfall Khashoggi?

„Was die arabische Welt am dringendsten braucht, ist Meinungsfreiheit“. So lautet der Titel der letzten Kolumne von Jamal Khashoggi. Der saudi-arabische Journalist hat sie im Herbst 2018 geschrieben, kurz bevor er im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul umgebracht wurde. Erschienen ist sie in der „Washington Post“, deren Eigentümer Bezos ist.  

Saudi-Arabischer Journalist Khashoggi: Mord in Istanbul

Saudi-Arabischer Journalist Khashoggi: Mord in Istanbul

Foto: Virginia Mayo/ picture alliance/dpa

Bis heute ist nicht endgültig geklärt, wer hinter dem Mord an Khashoggi steckt. Saudi-Arabien hat gerade erst fünf Angeklagte zum Tode verurteilt. Uno-Ermittler, CIA und die türkische Regierung gehen jedoch davon aus, dass Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman die Tat persönlich befohlen hat. Während sich die halbe Welt über den Anschlag auf den Journalisten empörte, nahm US-Präsident Donald Trump den Prinzen demonstrativ in Schutz.

Schon damals rätselten selbst Trump-Unterstützer, was den Präsidenten zu der Solidarität mit dem Despoten aus Riad bewegt. MbS mutmaßlicher Hackerangriff auf Bezos Telefon wirft nun neue Fragen auf.

Hat MbS Bezos ausspioniert, um sich für die Khashoggi-Kolumnen in der „Washington Post“ zu rächen? Oder wollte er sich auf diese Weise das Wohlgefallen Trumps sichern? Der Fall Khashoggi ist durch die „Guardian“-Enthüllung noch komplizierter geworden. 

In welchem Verhältnis stehen Trump, Bezos und Salman?

Der US-Präsident hat Bezos in der Vergangenheit immer wieder attackiert. Mutmaßlicher Grund dafür: Die Kritik in der "Washington Post" an ihm.

Donald Trump und Mohammed bin Salman: "großartige Freundschaft"

Donald Trump und Mohammed bin Salman: "großartige Freundschaft"

Foto: KEVIN LAMARQUE/ REUTERS

"National Inquirer"-Besitzer David Pecker, den Bezos der Erpressung beschuldigte, ist hingegen ein Freund Trumps. Pecker soll im Wahlkampf 2016 eine mutmaßliche Affäre Trumps aus den Schlagzeilen gehalten haben, in dem sein Magazin die Exklusivrechte an der Geschichte eingekauft hatte. In den USA wird ein solches Vorgehen "catch and kill" genannt. Zu bin Salman hatte Pecker laut Bezos' Sicherheitschef, Gavin de Becker, eine "enge Beziehung". Auch Trump selbst verbindet nach eigenen Worten eine "großartige Freundschaft" zu bin Salman.

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