Gebrauch seines Vorrechts Stoltenberg plant Nato-Ukraine-Treffen – offenbar gegen Ungarns Willen

Trotz Vorbehalten aus Ungarn will Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg offenbar im April die erste Sitzung der Nato-Ukraine-Kommission auf Ministerebene seit 2017 einberufen. Zum Gipfel im Juni ist der ukrainische Präsident eingeladen.
Jens Stoltenberg fand in Brüssel klare Worte

Jens Stoltenberg fand in Brüssel klare Worte

Foto: JOHANNA GERON / REUTERS

Erstmals seit 2017 will Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wieder eine Sitzung der Nato-Ukraine-Kommission auf Ministerebene einberufen – offensichtlich gegen den Willen Ungarns.

Der Deutschen Presse-Agentur zufolge sagte Stoltenberg in Brüssel: Er respektiere Punkte, die Ungarn bezüglich des Minderheitenschutzes in der Ukraine vorgebracht habe und versuche immer Einigkeit herzustellen. Wenn es keine Einigkeit gebe, habe er aber letztlich das Vorrecht, solche Sitzungen einzuberufen. Davon mache er nun Gebrauch. Die Nato-Ukraine-Kommission sei eine Plattform, um Unterstützung für die Ukraine zu demonstrieren, so Stoltenberg.

Demnach soll das erste neue Treffen der Nato-Ukraine-Kommission auf Ministerebene nach Angaben des Norwegers im April am Rande eines regulären Nato-Außenministertreffens in Brüssel organisiert werden. Möglich ist, dass es dann im Juli am Rande des Nato-Gipfels in Litauens Hauptstadt Vilnius auch zu einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Bündnisstaaten mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommt. »Ich habe klargemacht, dass ich Selenskyj zum Gipfel einladen werde«, sagte Stoltenberg am Dienstag.

Die Nato-Ukraine-Kommission (NUC)  ist dem Militärbündnis zufolge das Gremium, das für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Nato und Ukraine zuständig ist. Demnach bietet sie ein Forum für Konsultationen zwischen den Nato-Staaten und der Ukraine »zu Sicherheitsfragen von gemeinsamem Interesse«. Die Kommission wurde im Kontext der Nato-Ukraine-Charta eingerichtet, die am 9. Juli 1997 von den Staats- und Regierungschefs der Ukraine und der Bündnisstaaten in Madrid unterzeichnet wurde.

Wie positioniert sich Ungarn?

Das bislang letzte Treffen der Nato-Ukraine-Kommission auf Spitzenebene war im Juli 2017 organisiert worden. Danach hatte Ungarn Nato-intern angekündigt, Treffen auf höherer Ebene bis auf Weiteres zu blockieren. Grund war insbesondere ein neues ukrainisches Bildungsgesetz, das den Schulunterricht in den Sprachen der Minderheiten nur noch in eingeschränkter Form zulässt. Davon ist vor allem die russische, aber auch die ungarische Minderheit in der Ukraine betroffen.

Ob sich Ungarn an dem für April geplanten Treffen der Nato-Ukraine-Kommission beteiligen wird, blieb zunächst unklar. Das galt auch für die Frage, warum sich Stoltenberg erst jetzt dazu entschlossen hat, gegen den Willen Ungarns eine Sitzung auf Spitzenebene zu organisieren.

Die Regierung in Budapest könnte indes weiterhin einen Ausbau der Zusammenarbeit blockieren, weil in der Nato Entscheidungen konsensbasiert getroffen werden. Dies bedeutet, dass Beschlüsse nur dann getroffen werden können, wenn niemand widerspricht.

dam/dpa
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