Kommende britische Parlamentswahlen Labour untersagt Ex-Chef Corbyn Parteikandidatur

Der ehemalige Oppositionsführer Jeremy Corbyn darf bei der nächsten Unterhauswahl nicht für seine Partei antreten. Das setzte der Labour-Vorsitzende Keir Starmer durch – Corbyns Unterstützer reagierten entsetzt.
Keir Starmer (l.) und Jeremy Corbyn 2019: Richtungsstreit in der Labourpartei

Keir Starmer (l.) und Jeremy Corbyn 2019: Richtungsstreit in der Labourpartei

Foto: Jonathan Brady / dpa

Wenn Jeremy Corbyn bei der nächsten Unterhauswahl in Großbritannien antreten will, muss er das ohne Unterstützung der Labourpartei tun. Die hat ihrem früheren Vorsitzenden untersagt, noch einmal als Labour-Kandidat in den Wahlkampf zu ziehen. Dafür stimmte das Führungsgremium der Partei laut übereinstimmenden Medienberichten mit 22 zu 12 Stimmen. Die Parteiführung gab damit einem Antrag des aktuellen Vorsitzenden Keir Starmer statt.

Das Corbyn-Lager zeigte sich nach der Entscheidung entsetzt. »Momentum«, eine eigens zur Unterstützung Corbyns gegründete Organisation, sprach in einem Tweet von einem »dunklen Tag für die Demokratie.« Vor der Abstimmung hatte »Momentum« Starmer als »machttrunken« bezeichnet, der Schritt werde die Partei weiter spalten.

Wahlschlappe 2019 mit Corbyn

Hintergrund für die äußerst ungewöhnliche Maßnahme ist die vernichtende Wahlniederlage, zu der Corbyn die Partei 2019 geführt hatte. Labour hatte damals einen großen Teil seiner traditionellen Hochburgen im Norden Englands an die Konservativen von Ex-Premier Boris Johnson verloren.

Starmer hatte Corbyn bereits vor drei Jahren wegen dessen Umgang mit Antisemitismus aus der Fraktion ausgeschlossen. Corbyn wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Parteichef von 2015 bis 2020 nicht entschieden genug gegen antisemitische Strömungen in der Partei vorgegangen zu sein. Mehrere jüdische Labour-Abgeordnete traten damals aus Protest aus der Partei aus. Corbyn wies die Vorwürfe stets von sich, geriet aber auch selbst in den Verdacht, ein antisemitisches Weltbild zu haben.

Kritiker werfen Starmer hingegen vor, den Altlinken Corbyn auch aus dem Weg haben zu wollen, um den Richtungsstreit in der Partei für sich zu entscheiden. Starmer steht für eine Mitte-Links-Ausrichtung; er hat gute Chancen, nach der für 2024 erwarteten Parlamentswahl britischer Premierminister zu werden – die Konservativen um den aktuellen Regierungschef Rishi Sunak stecken seit Monaten in einem historischen Umfragetief.

Der 73-jährige Corbyn sitzt seit 1983 für die britische Arbeiterpartei im Unterhaus für den Wahlkreis Islington North. Eine erneute Kandidatur steht ihm nun nur noch außerhalb der Labour-Partei offen.

slü/dpa
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