Jerusalem Tausende Israelis demonstrieren gegen Netanyahu

"Korrupte, wir haben genug von Euch" - der Druck auf Israels Regierungschef Netanyahu reißt nicht ab. Rund 15.000 Menschen gingen am Samstag gegen ihn auf die Straße.
Israelische Polizeibeamte gehen auf eine Demonstrantin zu, die ein Supergirl-Kostüm trägt, bei einem Protest gegen den Ministerpräsidenten Netanyahu vor dessen Residenz in Jerusalem

Israelische Polizeibeamte gehen auf eine Demonstrantin zu, die ein Supergirl-Kostüm trägt, bei einem Protest gegen den Ministerpräsidenten Netanyahu vor dessen Residenz in Jerusalem

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Ariel Schalit/ dpa

Immer wieder gehen Israelis gegen den rechtsorientierten Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu auf die Straße. Auch am Samstag versammelten sich rund 15.000 Menschen zu Protesten in der Nähe seines Amtssitzes in Jerusalem, berichtete das israelische Fernsehen. Nach Polizeiangaben wurden nach vereinzelten Konfrontationen drei Demonstranten festgenommen.

Die Demonstranten prangerten Korruption an und forderten Netanyahus Rücktritt. "Korrupte, wir haben genug von Euch", stand unter anderem auf Schildern, die sie mit sich trugen. Auch an anderen Orten in Israel, auf Brücken und Straßenkreuzungen, kam es zu Demonstrationen.

Zahlreiche Kundgebungen begleiten den Korruptionsprozess gegen den Regierungschef. Er ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Zuletzt wurde Netanyahu auch wegen seiner Handhabung der Coronakrise kritisiert.

Die Regierung hatte zunächst eine großflächige Ausbreitung des Virus verhindert, indem sie Mitte März eine strikte Ausgangssperre verhängte. Ende Mai wurden viele Corona-Einschränkungen aber gelockert, in der Folge schnellten die Infektionszahlen in die Höhe.

Spannungen innerhalb der Regierung steigen

Netanyahu hat bereits eingeräumt, die Corona-Maßnahmen zu früh gelockert zu haben. Angesichts der anhaltenden Proteste kündigte er vor Kurzem finanzielle Soforthilfen für alle Bürger an. Experten halten dies jedoch für ungeeignet. Sie fordern stattdessen gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit liegt in Israel derzeit bei mehr als 20 Prozent.

Unterdessen stiegen die Spannungen innerhalb der israelischen Regierung. Eine für Sonntag angesetzte Kabinettssitzung wurde vor diesem Hintergrund abgesagt. Das Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz warf Netanyahus Likud vor, sich nicht an das Koalitionsabkommen zu halten.

Gantz soll Netanyahu laut der Vereinbarung im Herbst kommenden Jahres als Regierungschef ablösen. Sollte es binnen zwei Wochen aber keine Einigung auf einen Haushalt geben, wird mit einer Neuwahl im November gerechnet. Es wäre die vierte Parlamentswahl binnen eineinhalb Jahren.

mfh/dpa
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