Vor neuer Gesprächsrunde Johnson bekräftigt Bereitschaft für harten Brexit

Keine Lösung wäre auch eine Lösung: Kurz vor dem Start einer neuen Verhandlungsrunde droht Großbritannien erneut mit dem harten Austritt. Bundeskanzlerin Merkel warnt vor den Folgen für das Königreich.
Boris Johnson: Der britische Premier sagt "bye-bye" zur EU, möglicherweise ohne umfassende Verträge

Boris Johnson: Der britische Premier sagt "bye-bye" zur EU, möglicherweise ohne umfassende Verträge

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Daniel Leal-Olivas/ AFP

Kurz vor dem Start der neuen Gesprächsrunde über ein Brexit-Anschlussabkommen hat der britische Premierminister Boris Johnson seine Bereitschaft zum harten Bruch mit der EU bekräftigt.

Bei einem Telefonat mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki am Samstag sagte Johnson laut Angaben seiner Regierung, Großbritannien werde "konstruktiv verhandeln", sei aber genauso bereit, nach der Übergangsphase auf die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) zurückzugreifen. Das würde automatisch passieren, sollten sich die Verhandlungspartner nicht einigen.

Falls kein Abkommen zustande komme, sei Johnson außerdem zu Beziehungen zur EU nach dem Vorbild Australiens bereit. Zwischen Australien und der EU existiert allerdings kein umfassendes Handelsabkommen. Ihr Handel wird weitgehend nach den WTO-Regeln abgewickelt. Lediglich für einige Güter gibt es spezifische Vereinbarungen.

Merkel warnt vor Konsequenzen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Freitag in einem Interview mit verschiedenen europäischen Zeitungen ihren Ton gegenüber Großbritannien verschärft, nachdem sie in der Vergangenheit den Erhalt enger wirtschaftlicher Beziehungen zwischen der EU und dem ausgeschiedenen Königreich zur Priorität erklärt hatte.

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Wenn die Regierung von Premierminister Boris Johnson ihre Beziehungen zur EU einseitig definieren wolle, müsse sie "auch mit den Folgen leben", sagte Merkel. Sollte das Vereinigte Königreich bei Umwelt, Arbeitsmarkt oder Sozialstandards keine vergleichbaren Regeln akzeptieren, würde das zu einer "weniger eng verflochtenen Wirtschaft" führen.

Bislang sind die Verhandlungen über ein zukünftiges Handelsabkommen zwischen Brüssel und London weitgehend ergebnislos verlaufen. Am Montag soll eine neue Gesprächsrunde beginnen. Dabei werden sich die Vertreter der EU und Großbritanniens erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder physisch in Brüssel treffen. Zuvor hatten sie in Videokonferenzen verhandelt.  

Großbritannien ist am 31. Januar 2020 mit dem Brexit aus der EU ausgetreten. Während der Übergangsfrist bis zum 31. Dezember bleibt es aber Mitglied im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Gelingt bis dahin keine Einigung über die künftigen Beziehungen, könnte es Anfang 2021 zum harten wirtschaftlichen Bruch kommen. Der Handel zwischen den beiden Wirtschaftsräumen würde dann automatisch unter den Regeln der WTO stattfinden, was Importzölle mit sich brächte und den Handel stören würde. Da Großbritannien anteilsmäßig mehr in die EU exportiert als andersherum, wäre das Land von einem Scheitern der Verhandlungen stärker betroffen.

Eine Verlängerung der Verhandlungsfrist hat Großbritannien konsequent abgeblockt. Ein Antrag ist theoretisch noch bis Ende Juni möglich. Die EU hatte eine Verlängerung zwar befürwortet, um die Chancen auf umfassende Verträge zu erhöhen - akzeptiert aber mittlerweile die Absage der Briten.

ire/dpa
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