Gewaltsame Proteste Schon mehr als 5000 Festnahmen in Kasachstan

Seit Präsident Tokajew in Kasachstan einen Schießbefehl auf Demonstranten erteilt hat, gibt es keine aktuellen Todeszahlen mehr. Offiziellen Angaben zufolge wurden jedoch Tausende Menschen von der Polizei festgesetzt.
Polizisten führen einen Mann am Rande der Proteste ab: In Kasachstan gehen Sicherheitskräfte mit Härte gegen Demonstranten vor

Polizisten führen einen Mann am Rande der Proteste ab: In Kasachstan gehen Sicherheitskräfte mit Härte gegen Demonstranten vor

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Vasily Krestyaninov / imago images/SNA

Nach den schweren Unruhen im zentralasiatischen Kasachstan sind landesweit bereits über 5000 Menschen festgenommen worden. »In ganz Kasachstan wurden bisher 5135 Menschen festgesetzt«, teilte das Innenministerium der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik in der Hauptstadt Nur-Sultan am Sonntagmorgen mit. Die Justizbehörden nahmen Ermittlungen gegen die Festgenommenen wegen diverser Vergehen auf.

Ihnen werde unter anderem Zerstörung von mehr als hundert Einkaufszentren oder Bankgebäuden zur Last gelegt, sagte der amtierende Innenminister Erlan Turgumbajew dem TV-Sender »Chabar 24«. Während der Unruhen seien etwa 400 Fahrzeuge zerstört worden, die meisten davon Polizeiwagen.

Die Behörden bemühten sich unterdessen, im Land wieder etwas Normalität herzustellen. Dazu sei etwa die Versorgung auch entlegener Regionen mit Grundnahrungsmitteln gesichert worden, teilte das Handelsministerium laut Angaben der Agentur Tass mit. Auch die Versorgung mit Kraftstoff und Flüssiggas sei angelaufen, hieß es aus dem Energieministerium.

Neue offizielle Informationen über Todesopfer gab es nach dem von Präsident Kassym-Schomart Tokajew erteilten Schießbefehl zunächst nicht. Zuvor hatten die Behörden von insgesamt mehr als 40 Getöteten gesprochen – darunter auch Sicherheitskräfte. Tokajew hatte Polizei und Armee am Freitag angewiesen, »ohne Vorwarnung« auf Demonstranten zu schießen, die er als »Terroristen« und »Banditen« bezeichnete.

Befürchtet wurde, dass es viele zivile Todesopfer geben könnte – insbesondere in der von den Ausschreitungen schwer erschütterten Millionenstadt Almaty im Südosten Kasachstans.

Langes Telefonat zwischen Tokajew und Putin

Weil die Behörden das Internet in Almaty abgeschaltet haben und die Mobilfunkverbindung ständig zusammenbricht, war es weiterhin kaum möglich, gesicherte Informationen von dort zu bekommen. Fotos zeigen, wie bewaffnete Sicherheitskräfte Demonstranten abführten. Auf Videos in sozialen Netzwerken, die angeblich aus Almaty stammen sollen, sind Schussgeräusche zu hören. Der sogenannte Anti-Terror-Einsatz dauere an, berichtete der Staatssender Khabar 24 am Samstag.

Kasachstan, das an Russland und China grenzt, erlebt seit Tagen die schwersten Ausschreitungen seit Jahren. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen schlug in vielerorts friedliche, aber teils auch gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um. Tokajew verhängte den Ausnahmezustand und bat ein von Russland geführtes Militärbündnis um Hilfe.

Angesichts der Krise führte am Samstag zudem Russlands Präsident Wladimir Putin Kremlangaben zufolge ein langes Telefonat mit seinem kasachischen Amtskollegen. Putin unterstütze den Vorschlag Tokajews, in den kommenden Tagen einen Videogipfel mit den Staats- und Regierungschefs der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) abzuhalten, hieß es in einer Kreml-Mitteilung.

asc/dpa
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