Nach tagelangen Unruhen Kasachstan hat einen neuen Regierungschef

Der Verwaltungssitz der Stadt in Almaty ist noch von den Unruhen gezeichnet
Foto:PAVEL MIKHEYEV / REUTERS
Tagelang erschütterten schwere Ausschreitungen die Ex-Sowjetrepublik Kasachstan. Präsident Kassym-Schomart Tokajew erklärte die Unruhen jüngst für beendet. Am Dienstag hat das Parlament Tokajews Vorschlag für einen neuen Regierungschef angenommen. Die Abgeordneten des zentralasiatischen Landes stimmten für Alichan Smajilow, der den Posten bereits übergangsweise nach der Entlassung der alten Regierung vor gut einer Woche innehatte, wie das Staatsfernsehen berichtete.
In dem öl- und gasreichen Land, das unter anderem an Russland grenzt, war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise in Proteste gegen die Staatsführung umgeschlagen. Neben friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, insbesondere in der Millionenstadt Almaty. Laut Staatsfernsehen sind bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen mindestens 164 Menschen gestorben und Tausende verletzt worden.
Soldaten aus den Nachbarländern sollen Kasachstan zügig verlassen
Tokajew hatte angesichts der Unruhen ein von Russland geführtes Militärbündnis um Unterstützung gebeten. Die ersten Soldaten dieses Bündnisses sollen Kasachstan nach den Worten des Präsidenten bereits in dieser Woche wieder verlassen. In zwei Tagen solle der Abzug schrittweise beginnen, sagte der Staatschef in einer Ansprache im Parlament. »Die Hauptmission der OKVS-Truppen ist abgeschlossen.«
Die Mitgliedstaaten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) berieten erst am Montag über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik. Dabei erklärte Tokajew: »In Kasachstan ist die vollständige Ordnung wiederhergestellt.« Er bezeichnete die Unruhen als »den Versuch eines Staatsstreichs«.
Nach Tokajews Aussagen hat die OVKS 2030 Soldaten nach Kasachstan geschickt, sie dienen dem Schutz von Flughäfen, Waffenlagern und anderen strategischen Objekten. Mit Abstand am meisten Truppen hat Russland gestellt. Kleine Kontingente kommen aus Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgisistan.
Indes näherte sich die Zahl der Festnahmen der Marke von 10.000. Das Innenministerium sprach der Agentur Tengrinews zufolge davon, dass während der Unruhen etwa 9900 Menschen in Gewahrsam gekommen seien.
Experten gehen davon aus, dass der Präsident die Krise auch dafür nutzt, um seinen Vorgänger, den Ex-Langzeit-Präsidenten Nursultan Nasarbajew, zu entmachten. Nasarbajew galt auch nach seinem Rücktritt 2019 weiter als mächtigster Mann in Kasachstan. Tokajew entzog ihm kürzlich den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrates und entließ mehrere seiner Vertrauten aus wichtigen Ämtern.