Moderator Chris Wallace Kontrollverlust

Noch vor zwei Monaten nahm Chris Wallace den US-Präsidenten in einem Interview auseinander - im TV-Duell war es nun umgekehrt. Donald Trump konnte ungestört stänkern, die Hilflosigkeit des Moderators löste Spott aus.
Chris Wallace und der Kindergartenstreit: "Sie haben öfter unterbrochen"

Chris Wallace und der Kindergartenstreit: "Sie haben öfter unterbrochen"

Foto: POOL / REUTERS

So unsichtbar wie möglich sein, das hatte sich der Moderator des TV-Duells zwischen Donald Trump und Joe Biden vorgenommen: Chris Wallace, ein erfahrener TV-Journalist vom Sender Fox News.

Doch das hat nicht geklappt, Wallace ließ sich von Trump vorführen.

Der US-Präsident lieferte sich in der ersten Debatte mit Joe Biden nicht nur mit seinem Herausforderer einen Schlagabtausch, sondern auch mit Moderator Wallace. Immer wieder fiel Trump dem Journalisten ins Wort, brachte ihn aus dem Konzept.

Wallace schlichtet einen Kindergartenstreit

Wallace hingegen versuchte händeringend, des Gezänks zwischen Biden und Trump Herr zu werden. Die alles andere als souveränen Versuche wirkten zeitweise so, als wollte Wallace einen Kindergartenstreit schlichten:

"Ich denke, dass dem Land besser gedient wäre, wenn Sie beide mit weniger Unterbrechungen sprechen könnten. Ich appelliere an Sie, Sir, dies zu tun", sagte Wallace zu Trump.

"Aber auch an ihn", entgegnete Trump Richtung Biden.

"Nun, offen gesagt, Sie haben öfter unterbrochen", antwortete Wallace.

"Aber er macht es auch oft", sagte Trump.

"Nein, weniger als Sie", so Wallace, bevor er zur nächsten Frage überging.

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Noch im Juli hatte Wallace Trump bei einem Interview in die Zange genommen - und das, obwohl er für Fox News, den Haussender des Präsidenten, arbeitet. Damals sprach Wallace mit Trump zu den Themen CoronavirusPräsidentschaftswahlen und Rassismus. Dabei ließ er den US-Präsidenten mit seinen Behauptungen nicht einfach davonkommen.

"Das ist nicht wahr, Sir", sagte Wallace damals auf eine Aussage des US-Präsidenten, nach der die USA eine der niedrigsten Sterberaten in der Coronakrise auf der ganzen Welt hätten. 

Ganz anders lief es beim TV-Duell: Wallace hatte zuvor angekündigt, sich als Moderator beim Faktenchecken zurückhalten zu wollen. So gab er Trump viel Raum für seine Unwahrheiten.

Trump, der Zwischenrufer

Doch Gelegenheit, den Präsidenten anderweitig zurechtzuweisen, gab es bei den zahlreichen Unterbrechungen zur Genüge: "Ich bin der Moderator der Debatte, und ich möchte, dass Sie mir erlauben, meine Frage zu stellen", sagte er zum US-Präsidenten.

Trump entgegnete: "Ich schätze, ich debattiere mit Ihnen, nicht mit ihm. Aber das ist okay, ich bin nicht überrascht."

Bilanz für Wallace: Das Duell brachte ihm viel Spott in den sozialen Netzwerken ein.

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Die "New York Times " schreibt über die Debatte, Trump habe stellenweise nicht wie ein Teilnehmer, sondern vielmehr wie ein Zwischenrufer gewirkt, der Wallace und Biden beschuldigte, unter einer Decke zu stecken.

Trump habe sowohl auf Biden als auch auf Wallace einen politischen Angriff gestartet und beide in einen Kampf gezogen. Das Ziel dabei: die Aufmerksamkeit von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken und Biden möglichst wenig präsidial erscheinen zu lassen.

Ein Mute-Button als letztes Mittel?

Zwei weitere Debatten zwischen Biden und Trump werden noch folgen, in den sozialen Medien wird nun die Einführung einer Stummschalte-Taste diskutiert, mittels derer Moderatoren einem Kandidaten einfach den Ton abdrehen sollen, wenn er sich nicht an die Regeln hält. Dass den Diskutanten mit anderen Mitteln offenbar nicht beizukommen ist - auch das ist eine ernüchternde Erkenntnis des Abends in Cleveland.

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