Straßenblockaden und Attacken auf EU-Polizisten Warum es im Kosovo zu Ausschreitungen kommt

Die serbische Minderheit im Kosovo erkennt den Staat nicht an. Nun gibt es im Norden des Landes erneut Spannungen. Was das bedeutet und wie die EU reagiert.
Lastwagen blockieren Verkehrsknotenpunkte im Nord-Kosovo

Lastwagen blockieren Verkehrsknotenpunkte im Nord-Kosovo

Foto: Visar Kryeziu / AP

Kosovo-Serben haben am Wochenende mehrere Straßen im Kosovo versperrt. Lastwagen blockierten Verkehrsknotenpunkte im Norden des Landes, nahe der Grenze zu Serbien. Hunderte Kosovo-Serben, manche von ihnen offenbar bewaffnet, sollen sich um die Barrikaden herum versammelt und den Grenzverkehr zeitweise lahmgelegt haben. In der mehrheitlich von ethnischen Serben bewohnten Region rund um die Stadt Mitrovica sollen zudem Polizeiautos beschossen und Einsatzkräfte der EU-Mission Eulex mit einer Blendgranate attackiert worden sein. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu Ausschreitungen in der Region.

Was hat die jüngsten Ausschreitungen im Nord-Kosovo ausgelöst?

Dejan Pantic, ein ehemaliger kosovarischer Polizist serbischer Abstammung, wurde vergangene Woche festgenommen. Das Innenministerium wirft ihm vor, am 6. Dezember in Mitrovica einen Angriff auf Wahlhelfer organisiert zu haben, die Neuwahlen in der Region vorbereiten sollten. Die Kosovo-Serben fordern seine Freilassung. Unterstützung kommt aus Belgrad. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić zeigt sich in einem Statement überzeugt, dass der Ex-Polizist unschuldig sei.

Was sind die Hintergründe des Streits um die Festnahme von Dejan Pantic?

Viele Kosovo-Serben lassen ihre Autos in Serbien registrieren. Die fremden Nummernschilder sind der Regierung in Pristina aber schon seit längerer Zeit ein Ärgernis. Sie will ein einheitliches Nummernschild-System einführen. Die jüngste Krise verdeutlicht das größte Problem des Kosovo: Die serbische Minderheit erkennt den seit 2008 unabhängigen Staat nicht an. Und so scheiterten auch die Versuche der Kosovaren ein einheitliches Nummernschild-System zu etablieren immer wieder an den Protesten der serbischen Minderheit – und der mangelnden Vorbereitung.

Um die geplante Nummernschild-Reform zu verhindern, legten im November Hunderte Polizisten, dutzende Richter und sogar die Abgeordneten der Partei »Serbische Liste« ihre Ämter nieder. Die Einführung der einheitlichen Nummernschilder wurde nach Vermittlungen der EU ausgesetzt, der Rückzug der Kosovo-Serben hinterließ jedoch ein Sicherheitsvakuum im Nord-Kosovo. Die EU entsendete 135 Polizisten der EU-Mission Eulex in die Region. Angesichts von hunderten unbesetzten Stellen war das aber nicht viel mehr als ein Symbol.

Polizisten im Kosovo legten Anfang November ihre Uniformen nieder

Polizisten im Kosovo legten Anfang November ihre Uniformen nieder

Foto: Bojan Slavkovic / AP

Um wenigstens wieder ein funktionierendes Regional-Parlament zu etablieren, plante die Regierung in Pristina Neuwahlen für den 18. und 25. Dezember. Aufgrund der erneuten Unruhen verschob Staatspräsidentin Vosja Osmani diese nun auf April 2023.

Wie reagieren die EU und Serbien auf die Krise?

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Angriffe auf Twitter. Alle Seiten müssten jede »Eskalation« vermeiden und für Ruhe sorgen, erklärte er. Zudem sollten Kosovo-Serben die Blockaden »sofort« entfernen.

Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und die USA begrüßten unterdessen die Verschiebung der Neuwahlen auf 2023. In einer gemeinsamen Stellungnahme heißt es, dass die Verschiebung eine »konstruktive Entscheidung« sei, die die »die Bemühungen zur Förderung einer sichereren Situation im Norden vorantreibt«.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić kündigte an, dass er bei der Kosovo-Schutztruppe Kfor die Verlegung von bis zu 1000 serbischen Soldaten und Polizisten in den Kosovo beantragen will. Er rechne aber nicht damit, dass dies genehmigt werde, sagte er.

lko

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