Mutmaßliche Kriegsverbrechen in der Ukraine Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Putin

Russlands Präsident soll wegen des Krieges in der Ukraine zur Verantwortung gezogen werden: Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen.
Wladimir Putin

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Mikhail Metzel / AFP

Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat einen Haftbefehl gegen Russlands Präsident Wladimir Putin erlassen. Er wirft ihm vor, verantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sein. Dazu zähle mutmaßlich die rechtswidrige Deportation von Kindern aus den besetzten Gebieten in die Russische Föderation, hieß es in einer Mitteilung . Es bestünden »vernünftige Gründe« für die Annahme, dass Putin für die als Kriegsverbrechen einzustufende Verschleppung »persönlich verantwortlich« sei.

Die Verbrechen hätten in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine »mindestens ab dem 24. Februar 2022«, dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, eingesetzt.

Ein weiterer Haftbefehl erging laut ICC auch gegen die Kinderrechtsbeauftragte des Präsidenten , Maria Alexejewna Lwowa-Belowa. Diese hatte vor Kurzem in einem Gespräch mit Putin gesagt, sie habe selbst einen Jugendlichen aus der besetzten Stadt Mariupol adoptiert. Eine Studie der amerikanischen Yale-Universität hatte jüngst ein Netzwerk von Lagern in Russland identifiziert, in denen 6000 ukrainische Kinder untergebracht worden sein sollen. Die ukrainische Regierung sprach im März von mehr als 16.000 verschleppten Kindern.

Beim Tee mit Putin: Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, Kinderrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten

Beim Tee mit Putin: Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, Kinderrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten

Foto: Mikhail Klimentyev / Russian Presidential Press and Information Office / ITAR-TASS / IMAGO

Die Haftbefehle gegen Putin und Lwowa-Belowa sind die ersten beiden in Zusammenhang mit mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine. Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums teilte mit, die Entscheidung habe aus rechtlicher Sicht keine Bedeutung für Russland. Das Land sei nicht dem Römischen Statut – der vertraglichen Grundlage des Gerichtshofs – unterworfen und habe daher keine entsprechenden Verpflichtungen.

Ukraine spricht von »historischer Entscheidung«

Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin sprach von einer »historischen Entscheidung für die Ukraine und das gesamte internationale Rechtssystem«. Von Andrij Jermak, Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, hieß es, der Haftbefehl sei »nur der Anfang«.

Obgleich die Ukraine das Römische Statut des Internationalen Gerichtshofs nicht ratifiziert hat, erkennt Kiew die Befugnis der Richter für seit 2014 auf ukrainischem Staatsgebiet verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen die Ukraine an. 2015 übergab der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin in Den Haag eine entsprechende Erklärung. Kurz nach Ausbruch des Krieges hatte Chefankläger Khan bereits Ermittlungen in der Ukraine aufgenommen.

Haftbefehl schränkt Putins Bewegungsfreiheit ein

Gerichtsverfahren in Abwesenheit der Angeklagten sind am ICC nicht möglich . Sofern die Angeklagten nicht ausgeliefert werden, kann kein Verfahren stattfinden und kein Urteil gesprochen werden. Allerdings schränkt allein der Haftbefehl die Bewegungsfreiheit des russischen Präsidenten ein. Vertragsstaaten des Gerichtshofs sind verpflichtet, Putin festzunehmen, wenn er ihr Territorium betritt.

Ein Ermittlerteam der Vereinten Nationen hatte erst am Donnerstag konstatiert, der zwangsweise Transfer ukrainischer Kinder nach Russland oder in von Russland kontrollierte Gebiete der Ukraine stelle ein Kriegsverbrechen dar. Die Deportation von Kindern im großen Stil »verstößt gegen internationales humanitäres Recht und kommt einem Kriegsverbrechen gleich«, erklärte das Team.

sol/ulz/Reuters
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