Seit Putins Überfall auf die Ukraine ist er das Gesicht und die Stimme des ukrainischen Widerstands: Wolodymyr Selenskyj. Gegen Russlands Raketen setzt er wohlüberlegte Worte, Putins Propaganda kontert er mit Selfie-Videos.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine
»Der Präsident ist hier. Wir sind alle hier. Die Soldaten sind hier.«
Selenskyj nutzt seit Kriegsbeginn Videobotschaften, um darin um Unterstützung für sein Land zu bitten. In den vergangenen Tagen hat er sich nacheinander in die Parlamente der wichtigsten westlichen Mächte schalten lassen. Am Donnerstag in den deutschen Bundestag.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine
»Ein ehemaliger Schauspieler und US-Präsident, Ronald Reagan, sagte einmal in Berlin: Mister Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder! Und das sage ich auch Ihnen, lieber Bundeskanzler Scholz: Reißen Sie diese Mauer ein, geben Sie Deutschland die Führung, die Deutschland verdient, damit Ihre Nachkommen stolz auf Sie sind.«
Auffällig dabei: Selenskyj nutzt unverwechselbare Eigenheiten in Geschichte und Kultur des jeweiligen Landes, um seinen Appellen Gehör zu verschaffen. Die Mauer für Deutschland, für England dessen bekanntesten Dichter.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine
»Die Frage für uns lautet: Sein oder nicht sein? Sie kennen diese Shakespeare’sche Frage gut.«
Selenskyj tritt in olivgrünen Shirts und Pullovern auf, wirkt entschlossen und führungsstark. Staatschefs zollen ihm reihenweise Respekt.
Boris Johnson, Premierminister Großbritannien
»Ich weiß nicht, ob Sie uns verstehen? Wolodymyr, können Sie uns hören?«
»Seine Führungsstärke hat uns inspiriert und ist heldenhaft.«
Justin Trudeau, Premierminister Kanada
»Wolodymyr, in den Jahren, in denen ich dich kenne, habe ich dich immer als einen Verfechter der Demokratie betrachtet, und jetzt können sich die Demokratien in der ganzen Welt glücklich schätzen, dich als unseren Verfechter zu haben.«
Als die russische Armee mitten ins Stadtzentrum von Charkiw feuerte, sagte er in einer Videobotschaft ans Europäische Parlament:
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine
»Der Freiheitsplatz ist der größte Platz unseres Landes, vielleicht der größte in Europa. Können Sie sich vorstellen, dass heute zwei Marschflugkörper diesen Freiheitsplatz getroffen haben? Dutzende wurden getötet. Und das ist der Preis, den wir für die Freiheit zahlen müssen. Beweisen Sie, dass Sie an unserer Seite stehen, dass Sie wirklich Europäer sind! Dann wird das Leben gewinnen über den Tod und das Licht über die Dunkelheit.«
Die Abgeordneten applaudierten ihm stehend; viele Menschen in ganz Europa feiern ihn wie einen Helden.
Der war er schon einmal – allerdings nur im Kino, und meist nicht im Ernst. Als Schauspieler und Komiker bekannt geworden, wählten ihn die Ukrainer 2019 zum Präsidenten. So richtig ernst nahmen ihn besonders im Ausland viele nicht und die wenigsten hätten ihm wohl die Rolle als fähiger Anführer in einem Krieg zugetraut. Das hat sich geändert.
Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Kongress
»Herr Präsident! Es ist mir eine Ehre, Ihnen die Abgeordneten des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika zu präsentieren, die großen Respekt, Bewunderung und auch Anerkennung für Ihre mutige Führung haben. Kongressmitglieder, ich habe die große Ehre Ihnen den Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj zu präsentieren.«
US-Präsident Joe Biden hat nach Selenskyjs Rede im Kongress reagiert: Er kündigte Waffenlieferungen und Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von 800 Millionen Dollar an.
Nachdem der ukrainische Präsident den Abgeordneten im Bundestag gut zehn Minuten ins Gewissen geredet hat, debattiert das Parlament nicht etwa die Lage in der Ukraine – sondern geht zum nächsten vorher geplanten Tagesordnungspunkt über. Der Impfpflicht.