Staatskrise EU droht politischer Elite des Libanon mit Sanktionen

Lkw-Blockade der Autobahn nach Beirut in Sidon: Protest gegen Diesel-Rationierungen
Foto: MAHMOUD ZAYYAT / AFPDie EU-Staaten wollen gegen die Verantwortlichen für die politische Krise im Libanon notfalls auch Sanktionen verhängen. Ein juristischer Rahmen für Strafmaßnahmen solle bis Ende des Monats stehen, kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem EU-Außenministertreffen in Brüssel an. Dieser Rahmen würde das Einfrieren von in der EU vorhandenen Vermögenswerten und Einreiseverbote ermöglichen.
Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte, das neue Sanktionsregime solle als Druckmittel dienen und die Bildung einer neuen Regierung und notwendige Reformen beschleunigen.
Der Libanon erlebt seit Monaten eine der schwersten politischen und wirtschaftlichen Krisen seiner Geschichte. Die derzeitige Regierung hatte kurz nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut ihren Rücktritt erklärt und ist nur noch geschäftsführend im Amt. Seitdem blockieren sich wichtige politische Blöcke bei der Regierungsbildung gegenseitig. Libanons politische Elite sieht sich zudem seit Langem massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt.
Besonders schwerwiegend ist die Situation, weil das kleine Land am Mittelmeer seit bald zwei Jahren auch in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise steckt. Die Landeswährung, die libanesische Lira, hat mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben mittlerweile in Armut. Die Inflation liegt bei mehr als 100 Prozent, für Lebensmittel sogar bei mehr als 200 Prozent.
Wegen eines Versorgungsmangels bilden sich vor Tankstellen lange Schlangen, in Apotheken fehlt es an Medikamenten. Täglich müssen die Menschen über Stunden ohne Strom auskommen. In der Vorwoche hatte Regierungschef Hassan Diab angesichts der katastrophalen Versorgungslage einen Hilferuf an die internationale Gemeinschaft gerichtet.
Deutschland, andere westliche Staaten und auch der Internationale Währungsfonds (IWF) wollen das Land aber erst finanziell unterstützen, wenn die Regierung weitreichende Reformen beschlossen hat.