Staatskrise im Libanon Frankreich schickt seinen Außenminister

Seit der gigantischen Explosion im Hafen von Beirut steckt der Libanon in einer schweren Krise – wirtschaftlich und politisch. Nun will Frankreich bei der Suche nach Lösungen helfen.
Eine Libanesin demonstriert nördlich von Beirut zwischen brennenden Barrikaden gegen das Missmanagement der Regierung

Eine Libanesin demonstriert nördlich von Beirut zwischen brennenden Barrikaden gegen das Missmanagement der Regierung

Foto: Hussein Malla / AP

Der Libanon steht am Abgrund – das Land hat keine funktionierende Regierung, die Wirtschaft ist eingebrochen, es fehlt an Geld für Treibstoff, die Devisenvorräte sind erschöpft, elektrische Energie ist nur eingeschränkt verfügbar. Mitte Mai werde es »allmählich dunkel« werden, warnt ein Abgeordneter des Parlaments in Beirut mit Blick auf fehlende Stromzahlungen.

Nun macht Frankreich einen neuen Anlauf bei der Suche nach Lösungen. Außenminister Jean-Yves Le Drian nahm am Donnerstag Gespräche mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun auf, wie die Staatsagentur NNA berichtete. Le Drian sollte demnach auch mit Parlamentspräsident Nabih Berri zusammentreffen. Ein offizielles Programm für den Besuch gab es nicht.

Land in der politischen Sackgasse

Ziel der Gespräche sei, Wege aus der politischen Krise des stark verschuldeten Landes zu suchen, hieß es aus Regierungskreisen im Libanon. Le Drian werde demnach »sehr bestimmt sein gegenüber Politikern, denen vorgeworfen wird, die Bildung einer neuen Regierung zu behindern«, sagte ein Regierungsvertreter.

Im vergangenen August hatte eine verheerende Explosion den Hafen Beiruts erschüttert. Mehr als 190 Menschen waren dabei gestorben. Seit den Tagen nach der Katastrophe hat das Land keine funktionierende Regierung mehr. Ex-Ministerpräsident Hassan Diab ist noch geschäftsführend im Amt. Dem designierten neuen Regierungschef Saad Hariri ist es seit Oktober nicht gelungen, ein Kabinett zu bilden.

Der Libanon erlebt so seine schwerste Wirtschaftskrise seit Ende des Bürgerkriegs im Jahr 1990. Wegen des drohenden Staatsbankrotts laufen Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungsprogramm. Dieses knüpft der IWF an umfassende wirtschaftliche Reformen und einen stärkeren Kampf gegen Korruption im Land. Die Gespräche kamen bisher nur schleppend voran.

Frankreich ist dem Libanon als frühere Mandatsmacht eng verbunden und drängt seit Monaten auf die Bildung einer neuen Regierung. Frankreich sowie weitere Länder haben Finanzhilfen in Aussicht gestellt, sollte eine neue Regierung nötige Reformen entschlossen angehen.

mrc/dpa
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