Steigende Migrationszahlen in Litauen Frontex überwacht EU-Grenze mit Belarus

In Litauen kommen immer mehr Migranten aus Belarus an, allein in den vergangenen 24 Stunden waren es 150. Jetzt sollen auch Beamte der europäischen Grenzschutzagentur Frontex dort stationiert werden.
Frontex-Beamte an der albanisch-griechischen Grenze (Symbolfoto)

Frontex-Beamte an der albanisch-griechischen Grenze (Symbolfoto)

Foto: FLORION GOGA/ REUTERS

Das EU-Land Litauen  will seine Grenze zu Belarus jetzt mit Beamten der EU-Grenzschutzbehörde Frontex  überwachen. Sechs Beamte haben nach Angaben des litauischen Grenzschutzes ihre Arbeit dort aufgenommen, bis zum Ende des Monats sollen es 30 werden. Unter den Grenzwächtern sind auch zwei deutsche Beamte.

Litauen reagiert damit auf die steigende Zahl von irregulären Grenzübertritten aus Belarus. In den vergangenen 24 Stunden seien fast 150 Migranten angekommen, teilte der litauische Grenzschutz am Freitag mit. Das seien fast doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2020. Die Zahl der irregulären Grenzüberschreitungen stieg demnach in diesem Jahr bereits auf mehr als 800.

Situation »angespannt«

Die Situation sei »angespannt« und könne sich »weiter verschlechtern«, sagte Außenminister Gabrielius Landsbergis der Nachrichtenagentur AFP. Migranten, die aus wirtschaftlichen Motiven gekommen sind, wolle er wieder zurückschicken.

Allerdings sind die Menschen, die in Litauen ankommen, zum Teil aus Belarus, Afghanistan, dem Irak oder Iran geflohen – und hätten demnach Chancen, in der EU internationalen Schutz zu erhalten.

Die litauische Regierung ist eine der größten Kritikerinnen von Alexander Lukaschenko. Viele Oppositionelle flüchteten vor der Rachsucht des Diktators nach Litauen, der Widerstand gegen ihn wird auch aus Vilnius organisiert. Die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Minsk und die anschließende Festnahme des regierungskritischen Bloggers Roman Protassewitsch belasteten das Verhältnis zusätzlich. Der Westen hat bereits mehrfach Sanktionen gegen Belarus verhängt.

Die litauische Regierung geht deshalb davon aus, dass Belarus die Grenzkontrollen gezielt eingestellt hat, um Litauen unter Druck zu setzen. Es sei jetzt offizielle Politik der Führung in Minsk, Migranten über die Grenze zu schicken, hatte Litauens Präsident Gitanas Nauseda Ende Juni gesagt.

Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, äußerte sich besorgt über die Lage an der Grenze. »Schon wieder spielt jemand in inakzeptabler Weise mit Menschenleben«, sagte er am Freitag.

Die litauische Grenze zu Belarus ist rund 680 Kilometer lang. Etwa 40 Prozent der Strecke werden elektronisch überwacht ; Litauen will dies rasch ausweiten.

Frontex in illegale Pushbacks verwickelt

Frontex hat zudem angekündigt , auch Lettland mit einigen wenigen Beamten zu unterstützen. Dort steige die Zahl der Grenzübertritte allerdings nicht.

Die europäische Grenzschutzagentur hat in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben und Geld bekommen. Die europäische Grenzschutzagentur stationiert in diesem Jahr erstmals auch eigene Grenzbeamte an den europäischen Außengrenzen – die sogenannte »ständige Reserve«. 2005 betrug das Budget gut sechs Millionen Euro, 2020 waren es rund 460 Millionen. Bis 2027 werden Europas Steuerzahler der Agentur 5,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

EU-Recht garantiert Asylsuchenden an der Grenze und auf europäischem Boden ein individuelles Asylverfahren. Die griechische Regierung missachtet das inzwischen mehr oder weniger offen. SPIEGEL-Recherchen zeigen, dass Menschen ohne Verfahren und mit Gewalt in die Türkei zurückgeschleppt oder auf dem Meer ausgesetzt werden. Auch Frontex ist in diese sogenannten illegalen Pushbacks in der Ägäis verwickelt.

slü/dpa/AFP
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