Umsturzversuch im Jahr 1991 Sechs Litauer verklagen Michail Gorbatschow wegen sowjetischer Armeegewalt

Am 13. Januar 1991 versuchten sowjetische Truppen brutal die Unabhängigkeitsbewegung in Litauen niederzuschlagen, 14 Menschen starben. Hinterbliebene fordern vom früheren Sowjet-Staatschef Gerechtigkeit.
Michail Gorbatschow im Jahr 2019

Michail Gorbatschow im Jahr 2019

Foto: Mikhail Svetlov / Getty Images

30 Jahre nach dem sowjetischen Versuch, die Macht in Litauen gewaltsam zurückzugewinnen, haben sechs Bürger des Staates im Baltikum Klage gegen den ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow eingereicht. Bei den Klägern handelt sich laut dem litauischen Sender LRT  um Hinterbliebene von vier Personen, die am 13. Januar 1991 durch sowjetische Einsatzkräfte getötet wurden.

Gorbatschow habe die Kontrolle über das sowjetische Militär gehabt, es aber versäumt, das »internationale Verbrechen« gegen Litauer zu stoppen, hieß es in der am Donnerstag vorgelegten Klageschrift. Bei dem Moskauer Vorgehen im Januar 1991 wurden insgesamt 14 litauische Zivilisten getötet und mehr als 700 verletzt.

2019 verurteilte ein litauisches Gericht Dutzende Beamte der Sowjetzeit wegen Kriegsverbrechen. Die Staatsanwaltschaft weigerte sich allerdings, gegen Gorbatschow zu ermitteln, der damals an der Macht war.

»Gerechtigkeit nicht vollständig«

»Es ist klar, dass der Einsatz der Streitkräfte ohne die Koordination mit Gorbatschow nicht möglich gewesen wäre«, sagte Robertas Povilaitis, der seinen Vater bei dem Aufstand verlor. Ohne die Verantwortung des obersten Befehlshabers zu berücksichtigen, sei »die Gerechtigkeit nicht vollständig«, begründete er die Klage. Laut LRT wollen die Klagenden belegen, dass Gorbatschow persönlich Kontrolle über die Truppen hatte und damit Verantwortung für die Todesopfer trägt.

Das gewaltsame Vorgehen vom 13. Januar 1991 war Teil der gescheiterten Bemühungen des Kremls, Litauen nach seiner Abspaltung von der Sowjetunion im März 1990 in die Knie zu zwingen. Im September 1991 erkannte Moskau Litauen dann als unabhängigen Staat an.

Die meisten der 67 Menschen, die in Litauen wegen des Angriffs als Kriegsverbrecher verurteilt wurden, wurden in Abwesenheit vor Gericht gestellt, darunter auch der ehemalige sowjetische Verteidigungsminister Dmitri Jasow, der 2020 starb. Gorbatschow hatte 1990 den Friedensnobelpreis für seine Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges erhalten.

Während mehrere litauische Beamte aus der Sowjetzeit für ihre Taten ins Gefängnis kamen, leben andere Verdächtige nach wie vor in Russland und Belarus. Die Beziehungen zwischen Russland und Litauen sind seit der Unabhängigkeit und vor allem seit dem Beitritt des baltischen Staates zur Europäischen Union und zur Nato im Jahr 2004 angespannt.

fek/AFP
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