55 Millionen Euro von der EU Mallorca will Öko-Tourismusregion werden

Hotel in der Bucht bei Cala Fornells auf Mallorca
Foto:Andreas Lander/ DPA

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Hotels und Ferienanlagen auf Mallorca könnten bald anders aussehen. Die Regionalregierung der Balearen plant, Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende zu verbessern und den Tourismus umweltfreundlicher zu machen. Das kündigte die regionale Regierungschefin Francina Armengol an. »Die Balearen werden die erste Tourismusregion weltweit mit einer Kreislaufwirtschaft sein«, sagte Armengol laut »Mallorca Zeitung« auf einer Tourismusmesse.
Der Ansatz sieht vor, Ressourcen wie Wasser schonender und möglichst mehrfach zu verwenden. Schon im Dezember waren eine Renaturierung der Playa de Palma sowie eine Erneuerung der Strandpromenade in Magaluf angekündigt worden. Schon seit Längerem gibt es Überlegungen, wie Hotels und Restaurants weniger Abfall produzieren könnten. Von einer tatsächlichen Kreislaufwirtschaft sind die Balearen derzeit allerdings noch weit entfernt.
Für das ambitionierte Programm stünden Beihilfen in Höhe von 55 Millionen Euro an EU-Geldern bereit, so die Politikerin. Die Hotelsterne sollen den Gästen künftig nicht nur Aufschluss über Ausstattung, Bequemlichkeit und Service der Häuser geben, sondern auch über Umweltfreundlichkeit sowie die Arbeitsbedingungen der Angestellten.

Hotels in Palma: Mit Reformen will die Inselregierung für bessere Arbeitsbedingungen sorgen
Foto: John Greim / Loop Images / Universal Images Group / Getty ImagesDafür sind auch insgesamt rund 300.000 neue, höhenverstellbare Betten geplant. Sie sollen die Arbeit der meist weiblichen Beschäftigten erleichtern, indem der Bettwäschewechsel körperlich schonender wird. Bislang lassen sich laut »El País« 35 Prozent der Arbeitsunfälle auf Überanstrengung zurückführen. Die Arbeit in den Hotels gilt als körperlich anstrengend und oft schlecht bezahlt. Zuletzt arbeiteten mehr als 20.000 Reinigungskräfte auf den balearischen Inseln. Für die Umstellung sind fünf, allerspätestens sechs Jahre vorgesehen.
Die Regionalregierung will Hoteliers außerdem verpflichten, in allen Gebäudeteilen die Temperaturen zu messen und für gute Durchlüftung zu sorgen – auch in jenen Bereichen, die nur Mitarbeitern zugänglich sind. Die Maßnahme dürfte nicht nur in Pandemiezeiten nützlich sein, sondern vor allem auch die Arbeitsbedingungen in den Sommermonaten erleichtern.
Um Hotelsterne zu erhalten, müssen die Häuser künftig auch eine Analyse des eigenen Ressourcenverbrauchs erstellen. Anschließend sollen sie einen auf fünf Jahre angelegten Plan zur Reduzierung des Verbrauchs von Energie und Wasser sowie eine Strategie zur Müllvermeidung vorlegen. Hygiene-Einwegverpackungen soll es in Zukunft nicht mehr geben. Für die Nutzung von Regenwasser sind Förderungen vorgesehen. Gastronomen müssen künftig möglichst regional erzeugte Lebensmittel anbieten und generell die Herkunft ihrer Produkte ausweisen. Ölheizungen müssen durch Erdgas- oder Elektrokessel ersetzt werden.
Die Balearen, zu denen neben Mallorca, Ibiza und Menorca auch Formentera und Cabrera gehören, bemühen sich seit Langem um eine Abkehr vom Billigimage. Statt Pauschaltouristen möchte die Region verstärkt umweltbewusste Reisende ansprechen. Seit 2016 müssen Besucher bereits eine sogenannte Ökosteuer abführen.
Die Coronapandemie hatte die Bewohnerinnen und Bewohner der Balearen besonders hart getroffen. Nach Einschätzung von Hilfsorganisationen hat sich die Armut auf Mallorca während der vergangenen zwei Jahre beinahe verdoppelt.
Spaniens Zentralregierung will mit den milliardenschweren Investitionen und EU-Hilfen nicht nur den wirtschaftlichen Wiederaufbau fördern, sondern auch die Arbeitsbedingungen nachhaltig verändern. Die nun verkündeten Pläne der Urlaubsinseln passen zu dieser Strategie. Arbeitsministerin Yolanda Díaz lobte die Pläne der Balearen entsprechend: »Die Arbeitsreform gibt den Zimmermädchen einen bisher nicht existenten Schutz. Der Gesetzentwurf ist eine Chance, die Wirtschaft weiterzuentwickeln und dabei auch an die Arbeitnehmer zu denken.«
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