Mögliche Bündnispläne im Europaparlament EVP-Chef Weber sieht Schnittmenge mit Rechtsaußen-Partei Fratelli d'Italia

CSU-Politiker Weber: »Meloni ist bei Europa konstruktiv«
Foto: Michael Kappeler / dpaDer Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, hat sich offen für ein Bündnis mit der ultrarechten Partei von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gezeigt. Zwar teile er die Sorge, was die postfaschistische Geschichte von Melonis Partei Fratelli d'Italia angehe. »Aber heute reden wir miteinander, wie wir die großen Fragen Europas gemeinsam als Europäer lösen können«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Als Partei- und Fraktionsvorsitzender habe er jedoch die Ambition, »dass die EVP bei den Europawahlen im kommenden Jahr so gut abschneidet, dass wir stärkste Kraft bleiben, um die Politik in den folgenden fünf Jahren gestalten zu können«, sagte der CSU-Politiker. Wen die EVP als Spitzenkandidaten für die nächste Europawahl im Jahr 2024 aufstelle, ließ Weber offen. Dies solle bei einem Parteitag im Januar 2024 entschieden werden.
Die Europaabgeordneten der Fratelli d'Italia sind derzeit Mitglieder der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR). Zu dieser zählt zum Beispiel auch die nationalkonservative polnische Regierungspartei PiS und aus Deutschland der frühere AfD-Abgeordnete Lars Patrick Berg.
Anders als bei der AfD, mit der eine Zusammenarbeit im Europaparlament ausgeschlossen sei, gibt es für Weber mit Melonis Fratelli d'Italia offenbar durchaus Schnittmengen. Drei fundamentale Prinzipien der EVP sind laut Weber »pro Rechtsstaat, pro Europa, pro Ukraine«. Die Regierungschefin in Rom erfülle diese Prinzipien zumindest teilweise: »Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme«, sagte Weber.
Der stellvertretende CSU-Chef verwies auch auf die Bedeutung des Gründungsmitglieds Italien innerhalb der EU. »Italien gehört zum Kern Europas. Ein Europa ohne Italien ist nicht denkbar.«
Weber, der gemeinhin als liberaler CSU-Vertreter gilt, hatte mit zwei persönlichen Treffen mit Meloni auch innerhalb der EVP für Verstimmungen gesorgt. Durch die Kontakte zu den Ultrarechten in Italien könnte auch die Abgrenzung nach Rechtsaußen von CDU und CSU in Deutschland weniger glaubwürdig erscheinen. Weber dagegen setzt offenbar darauf, Melonis Partei an ihren Taten zu messen. Auch soll er nach SPIEGEL-Informationen intern bereits mehrfach bekundet haben, eine Annäherung an die Fratelli d’Italia auszuloten.
EKR unterstützte bereits Wahl von EVP-Parlamentspräsidentin
Eine Kooperation mit Teilen der EKR-Fraktion wäre zudem kein Novum. Die nationalkonservative Fraktion hatte bereits der EVP-Politikerin Roberta Metsola nach ihrer Wahl zur Parlamentspräsidentin Unterstützung zugesagt.
Innerhalb von Webers Fraktion äußerte indes etwa der CDU-Politiker Dennis Radtke Kritik an den Annäherungen. »Parteien, die außer dem Willen zur Macht nichts mit uns Christdemokraten teilen, sind als potenzielle Partner untauglich«. Die Abgrenzung nach rechts müsse immer glaubhaft sein, so der CDU-Politiker, »von Wattenscheid bis nach Brüssel«.