Tod eines 25-Jährigen Selbstverbrennung löst massive Proteste in Marokko aus

Der Fall weckt Erinnerungen an einen der Auslöser des Arabischen Frühlings: In Marokko hat sich ein junger Mann aus Empörung über angebliche Behördenwillkür selbst angezündet. Es folgten wütende Demonstrationen.

Die Selbstverbrennung eines 25-Jährigen hat in Marokko Proteste ausgelöst. In der nahe Casablanca gelegenen Stadt Sidi Bennour gingen am Montag Hunderte Menschen auf die Straße, um »Gerechtigkeit« für Yassine Lekhmidi zu verlangen, wie örtliche Medien berichteten. Lekhmidi war nach Angaben seines Bruders am Samstag in einem Krankenhaus in Casablanca an seinen schweren Brandwunden gestorben.

Nach Angaben seines Bruders hatte sich Lekhmidi Ende Juli selbst angezündet, um gegen die Beschlagnahmung seines Karrens durch die Behörden zu protestieren. Lekhmidi hatte als Fahrer gearbeitet, besaß dafür aber keine offizielle Lizenz. Sein Bruder Ahmed sagte der Nachrichtenagentur AFP, seine Familie verlange eine Untersuchung zu seinem Tod. Die marokkanischen Behörden äußerten sich zunächst nicht zu dem Fall.

In Marokko kommt es immer wieder zu Selbstverbrennungen. In dem nordafrikanischen Land leben zahlreiche Menschen von Tätigkeiten im sogenannten informellen Sektor. Einer kürzlich veröffentlichten Studie der marokkanischen Statistikbehörde zufolge hat die Coronapandemie die soziale Ungleichheit in dem Land zusätzlich verschärft.

Erinnerungen an den Vorfall in Sidi Bouzid

Im Jahr 2010 hatte ein ähnlicher Fall in Tunesien zu massiven Protesten gegen die Regierung des damaligen Staatschefs Zine el-Abidine Ben Ali geführt. Dazu, was genau an jenem Wintertag in der Stadt Sidi Bouzid passiert sei, gibt es mittlerweile unzählige Versionen.

Die Geschichte, in deren Mittelpunkt ein armer Straßenhändler namens Mohamed Bouazizi steht und die sich im kollektiven Gedächtnis der arabischen Welt eingebrannt hat, geht so: Eine Streife des örtlichen Ordnungsamts konfiszierte die Ware und die Waage des Straßenhändlers ohne Lizenz. Bouazizi protestierte.

Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts soll den damals 26 Jahre alten Mann daraufhin auf offener Straße geschlagen haben. Aus Protest gegen die staatliche Willkür setzte sich Bouazizi daraufhin selbst in Brand. Er erlag seinen Verletzungen im Januar 2011. Sein Tod gilt heute als einer der entscheidenden Auslöser für die Umwälzungen des Arabischen Frühlings.

jok/AFP
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