Verhaftung von angeblichen Krawallmachern Mehr als 700 Festnahmen bei Demonstrationen in Iran

Proteste in Iran in den vergangenen Tagen
Foto: APBei Protestdemonstrationen im Norden des Iran sind nach Angaben des örtlichen Polizeichefs mehr als 700 Menschen festgenommen worden. »Wir haben 739 Krawallmacher, unter ihnen auch 60 Frauen, festgenommen und inhaftiert«, sagte der Polizeichef der Provinz Gilan, Asisiollah Maleki, am Samstag. Bei den Verhaftungen seien auch zahlreiche Waffen, Munition und Sprengstoffe sichergestellt worden, behauptete der Polizeichef nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.
Die verhafteten Demonstrierenden sollen Maleki zufolge für die Verletzung von mehr als hundert Polizisten verantwortlich sein sowie für Beschädigungen an öffentlichen Einrichtungen. Die Gefährdung der Sicherheit der Provinz Gilan sei für die örtliche Polizei eine rote Linie, daher werde sie bei den Protesten konsequent durchgreifen, sagte der Polizeichef.
Ausgelöst wurden die landesweiten Proteste durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini vor einer Woche. Sie war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie das islamische Kopftuch angeblich nicht den strikten Vorschriften entsprechend trug. Mittlerweile soll es bereits Demonstrationen in 80 Städten gegeben haben.
Bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste sind nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten bislang mindestens 50 Menschen getötet worden. Zuletzt seien sechs Menschen am Donnerstagabend in Reswanschahr – ebenfalls in der nordiranischen Provinz Gilan – von Sicherheitskräften erschossen worden, teilte die Organisation Iran Human Rights (IHR) mit.
Keine Angaben zu Todesopfern
Die Behörden in Iran machen derzeit keine neuen Angaben über Todesopfer bei den seit Tagen anhaltenden Protesten. Es gebe noch keine genauen Angaben zur Zahl der Opfer bei den Demonstrationen der vergangenen sieben Tage, hieß es aus dem Innenministerium. »Bei den Opfern gibt es verschiedene Gruppierungen und daher werden genaue Zahlen erst nach den Untersuchungen bekannt gegeben«, sagte Innenminister Ahmad Wahidi laut örtlichen Medien am Samstag. Er bestätigte jedoch, dass es sowohl unter den Demonstranten als auch bei Polizei und Sicherheitskräften Tote gegeben habe. Dem Minister zufolge wurden einige Menschen, die in »hochgesicherte Einrichtungen« eindringen wollten, von Sicherheitsbeamten erschossen.
“Death to the root of the Velayate Faqih!”
— Iran Human Rights (IHR NGO) (@IHRights) September 24, 2022
Protesters in #Rudsar in #Gilan province, targeted the system the Islamic Republic is founded on with their chants tonight.#IranProtests#MahsaAmini #IranRevolution #OpIran #Iran#مهسا_امینی
pic.twitter.com/SPlkx9deeQ
Zuletzt hatte Iran vor zwei Tagen 17 bis 20 Tote bestätigt. Der staatliche iranische Fernsehsender IRIB berichtete von 35 Toten, fügte jedoch hinzu, dass diese Zahl inoffiziell und noch nicht bestätigt sei.
Iranischer Innenminister: »voreilige Schlüsse«
Der iranische Innenminister erklärte, der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini sei nicht von der Polizei verursacht worden. »Die medizinischen Untersuchungen und jene der Gerichtsmedizin zeigen, dass es weder Schläge (seitens der Polizei) noch einen Schädelbruch gegeben hat«, sagte Minister Ahmad Wahidi laut der Nachrichtenagentur Irna am Samstag. Die voreiligen Schlüsse in diesem Fall und die darauffolgenden Proteste seien daher auf der Basis von falschen Interpretationen entstanden, so der Minister.
Die Polizei behauptet, Amini sei wegen eines Herzfehlers ins Koma gefallen und gestorben. Kritiker aber sagen, sie sei von der Sittenpolizei geschlagen worden und an einer Hirnblutung gestorben. Diese Version wird von der Polizei vehement bestritten, führte jedoch landesweit zu heftigen Protesten, die sich gegen das gesamte islamische System und dessen Vorschriften richten.
Aminis Vater kritisierte den Bericht der Gerichtsmedizin vehement. Seine Tochter habe keinerlei Herzprobleme gehabt und könne daher auch nicht an Herzversagen gestorben sein.