Nach Demonstration in Havanna EU kritisiert »unverhältnismäßige« Urteile in Kuba

In Kuba sitzen noch immer Hunderte Demonstranten im Gefängnis – darunter der Deutsch-Kubaner Luis Frómeta Compte. Die EU verfolgt die Fälle mit »großer Beunruhigung«.
Kubanische Zivilpolizisten nehmen in Havanna einen regierungskritischen Demonstranten fest (Juli 2021)

Kubanische Zivilpolizisten nehmen in Havanna einen regierungskritischen Demonstranten fest (Juli 2021)

Foto: Ramon Espinosa / AP

Am 12. Juli 2021 trat Luis Frómeta Compte auf die Straße, um etwas Rum zu kaufen. Der 59-jährige Deutsch-Kubaner mit doppelter Staatsbürgerschaft, der seit knapp vier Jahrzehnten in Dresden lebt, war zu Besuch bei seiner Schwester Virgen Frómeta in der kubanischen Hauptstadt Havanna. Auf dem Weg zum Laden sah er eine regierungskritische Demonstration und traf eine folgenschwere Entscheidung: Er schloss sich den Protesten an und filmte die Ereignisse.

Fünf Tage später tauchten Zivilpolizisten im Haus der Schwester auf und verhafteten Luis Frómeta. Im Dezember verurteilte ihn ein Gericht wegen »Anstiftung zu Aufruhr« zu 25 Jahren Haft , wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) damals mitteilte .

Das Urteil lässt seine Schwester Virgen Frómeta bis heute verzweifeln. »Ich verlange die sofortige Freilassung meines Bruders«, sagte sie kürzlich der Nachrichtenagentur AFP unter Tränen. »Niemand stürzt unbewaffnet eine Revolution, nur durch Reden, Demonstrieren, durch das Aussprechen von Dingen, die einem nicht passen oder durchs Filmen, niemand«.

728 Menschen in Haft

Bei den landesweiten Protesten im Juli 2021 hatten Tausende Kubaner gegen die Regierung demonstriert. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, ein Mensch starb, Dutzende wurden verletzt. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Cubalex aus Miami wurden 1395 Menschen festgenommen. 728 befinden sich weiterhin in Haft.

Im März wurden 128 Kubaner zu Gefängnisstrafen zwischen sechs und 30 Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft behauptete, einige Demonstranten hätten »eine Militärintervention der USA« provozieren wollen.

Solidarität: Exilkubaner in Miami protestieren gegen die Maßnahmen der kubanischen Regierung (Juli 2021)

Solidarität: Exilkubaner in Miami protestieren gegen die Maßnahmen der kubanischen Regierung (Juli 2021)

Foto: Scott McIntyre / The Washington Post / Getty Images

Drei Geschwister verurteilt

Zu den Verurteilten zählen auch die drei Geschwister Yosney Emilio (25), Mackyani Yosney (23) und Emy Yoslan (18). Sie wurden Mitte März wegen Aufruhrs zu zwölf beziehungsweise sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr Vater Emilio Román ist verzweifelt. Seine Kinder seien zufällig ins Gewühl geraten und hätten sich mitreißen lassen. Auf Videoaufnahmen ist seine Tochter mit einer Flasche in der Hand zu sehen, ihre Brüder sollen Steine auf Sicherheitsbeamte geworfen haben.

Románs Familie wird ebenso wie die von Luis Frómeta Compte Berufung einlegen. Doch Román will, dass seine Kinder Kuba verlassen, sobald sie dazu in der Lage sind. Sie sollen »nicht einen weiteren Tag in diesem Land verbringen, das eine Schande ist«.

EU kritisiert Urteile als »unverhältnismäßig«

Die schweren Urteile haben auch über Kubas Grenzen hinaus für Bestürzung gesorgt. Am Mittwoch erklärte die Europäische Union, sie verfolge mit »großer Beunruhigung« die schweren und »unverhältnismäßigen« Urteile in Kuba.

Die deutsche Botschaft in Havanna kümmert sich um den Fall Frómeta, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte. Sie stehe in engem Kontakt mit den kubanischen Behörden, dem Anwalt und den Angehörigen des Betroffenen. Sowohl das Auswärtige Amt als auch die Botschaft in Havanna bemühen sich demnach intensiv, konsularischen Zugang zu Luis Frómeta Compte zu erhalten.

mpz/AFP

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