Internationaler Frauentag Hunderttausende demonstrieren weltweit für Frauenrechte

Mexiko-Stadt: "Der Unterdrückerstaat ist ein Macho-Vergewaltiger"
Foto: Toya Sarno Jordan/ Getty ImagesSie protestierten gegen Unterdrückung und Gewalt - und mussten diese vielerorts zugleich erleben: Bei Demonstrationen zum Internationalen Frauentag ist es in mehreren Ländern zu gewalttätigen Konfrontationen mit Sicherheitskräften gekommen.
In Mexiko-Stadt nahmen nach Polizeiangaben rund 80.000 Menschen an einer Protestkundgebung teil. Zuletzt hatte es in Mexiko erneut mehrere aufsehenerregende Morde an Frauen gegeben. "Nicht eine mehr, nicht eine mehr, nicht eine Ermordete mehr" und "Der Unterdrückerstaat ist ein Macho-Vergewaltiger", skandierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Im vergangenen Jahr wurden in dem lateinamerikanischen Land rund 3800 Morde an Frauen registriert. Ein knappes Drittel wurde als sogenannte Femizide eingestuft: Die Opfer wurden aufgrund ihres Geschlechts getötet. Hinzu kommen Zehntausende weitere Gewalttaten gegen Frauen wie Vergewaltigungen, häusliche Gewalt, Zwangsprostitution und sexuelle Belästigung.
Am Rande des größtenteils friedlichen Marschs schleuderten vermummte Demonstranten Farbbeutel und Brandsätze auf die Polizisten. Die Sicherheitskräfte feuerten daraufhin Tränengas in die Menge. Für Montag hatten feministische Organisationen in Mexiko zu einem Streik aufgerufen, um einen "Tag ohne Frauen" zu simulieren.

Santiago de Chile: Ein Demonstrant stellt sich einem Tränengas-Fahrzeug der Polizei entgegen
Foto:Claudio Santana/ Getty Images
In der chilenischen Hauptstadt Santiago demonstrierten anlässlich des Frauentags mehr als 125.000 Menschen. Die Organisatoren sprachen hingegen von 500.000 Teilnehmern. Als Demonstranten versuchten, Barrieren rund um den Präsidentenpalast zu überwinden, trieb die Polizei sie mit Tränengas und Wasserwerfern zurück.
Die Demonstranten protestierten vor allem gegen die Gewalt gegen Frauen. Sie forderten auch eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts. Viele Frauen trugen grüne Kopftücher - das Kleidungsstück symbolisiert den Kampf für das Recht auf den Schwangerschaftsabbruch.
In Chile gibt es seit Monaten immer wieder Massenproteste gegen die Regierung. Etwa 30 Menschen wurden seitdem nach Behördenangaben getötet, Tausende weitere verletzt.

Karachi in Pakistan: Polizistinnen mit Schleiern und Gewehren eskortierten die Demonstranten
Foto: RIZWAN TABASSUM/ AFPAuch im ultrakonservativen Pakistan gab es in mehreren Städten Kundgebungen zum Internationalen Frauentag - und auch Gegendemonstrationen. In der Hauptstadt Islamabad forderten rund Tausend Frauen und auch einige Männer gleiche Rechte für die Geschlechter. "Frauen in Pakistan werden als Eigentum ihres Mannes angesehen", kritisierte eine Teilnehmerin. "Es ist nichts Anstößiges daran, seine Rechte einzufordern."
Die Demonstrantinnen wurden nur durch eine Polizeikette von der Gegenkundgebung getrennt. Bei dieser hielten in Burkas gekleidete Frauen Schilder wie "Anti-Feminist" und "Unser Körper, Allahs Wille" in die Höhe. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, dass Männer mit Steinen und Stöcken auf die Frauentags-Demonstrantinnen warfen.
Zu Ausschreitungen kam es auch bei einer Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen in Kirgisistan. Maskierte Männer mit traditionellen Kopfbedeckungen attackierten die Teilnehmerinnen in Bischkek, bewarfen sie mit Eiern und entrissen ihnen die Plakate. Die Polizei nahm mehrere Dutzend Frauen fest.

In Istanbul gingen die Sicherheitskräfte hart gegen Protestierende vor
Foto: YASIN AKGUL/ AFPIn Istanbul setzte die türkische Polizei Tränengas ein, um eine nicht genehmigte Kundgebung am zentralen Taksim-Platz aufzulösen. Wie schon im vergangenen Jahr hatten die Istanbuler Behörden die Demonstration nicht erlaubt und alle Straßen zum Taksim-Platz und zur Einkaufsstraße Istiklal abgeriegelt. Trotzdem versammelten sich Hunderte Frauen, um für ihre Rechte und gegen Gewalt zu protestieren.
In Asien wurden die Frauentags-Demonstrationen massiv von der Angst vor dem neuartigen Coronavirus überschattet. Demonstranten in Bangkok forderten angesichts Dutzender Infektionsfälle in Thailand einen besseren Arbeitsschutz und mehr Rechte für Frauen. In China, wo die Coronavirus-Epidemie ihren Ausgang nahm, hoben Staatsmedien den Einsatz von weiblichem medizinischen Personal im Kampf gegen das Virus hervor.
In Südkorea, das mit mehr als 7000 nachgewiesenen Coronavirus-Fällen der größte Infektionsherd außerhalb Chinas ist, wurden mehrere geplante Veranstaltungen zum Frauentag abgesagt. "Auch wenn wir nicht physisch zusammen sein können, ist unser Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit stärker als je zuvor", sagte die südkoreanische Gleichstellungsministerin Lee Jung-ok in einer Videobotschaft.
In Indien wurde wegen der Coronavirus-Epidemie ein geplanter Frauen-Marathon abgesagt. Anlässlich des Weltfrauentags überließ Premierminister Narendra Modi jedoch seine Konten in den Onlinediensten prominenten Frauen.
Die Demonstration in der philippinischen Hauptstadt Manila richtete sich auch gegen Präsident Rodrigo Duterte, dem immer wieder Frauenfeindlichkeit vorgeworfen wird. Demonstranten verbrannten eine riesige Puppe, die Duterte darstellte. Im indonesischen Jakarta forderten Demonstrantinnen Gesetze gegen sexuelle Gewalt.
Uno-Generalsekretär António Guterres beklagte eine "gewaltige Ungleichheit der Geschlechter in Politik und Wirtschaft". Er bezeichnete die mangelnde Gleichstellung in vielen Bereichen als "die überwältigende Ungerechtigkeit unserer Zeit und die größte Herausforderung für die Menschenrechte". Das 21. Jahrhundert müsse das "Jahrhundert der Gleichstellung von Frauen sein", forderte Guterres in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" . Er kritisierte auch den täglichen Sexismus, dem Frauen ausgesetzt seien.