Vorwürfe der Uno-Menschenrechtschefin Bachelet Rund 40 Regierungen wollten geplanten chinakritischen Bericht verhindern

Die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet in Genf
Foto: Pierre Albouy / REUTERSIn einer Woche scheidet die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, aus ihrem Amt. Vorher möchte sie noch einen kritischen Bericht über die Menschenrechtslage in der chinesischen Region Xinjiang veröffentlichen – doch sieht sich unter starkem Druck. Bei einer Pressekonferenz in Genf bestätigte Bachelet den Erhalt eines Briefs von rund 40 Regierungen, die sie von der Veröffentlichung des Berichts über die Lage der Uiguren und anderer Minderheiten in der nordwestchinesischen Provinz abhalten wollten. Länder nannte sie nicht.
»Ich bin unter enormem Druck gewesen, sowohl, den Bericht zu veröffentlichen, als auch, ihn nicht zu veröffentlichen«, sagte Bachelet. Sie werde sich Druck aber niemals beugen. Ihr Büro arbeite daran, den Bericht wie versprochen noch im August zu veröffentlichen. Bachelet hatte die Veröffentlichung im vergangenen Jahr verschoben, weil China sie nach jahrelangen Verhandlungen endlich zu einer Reise in die Region einlud.
Bachelet war im Mai unter anderem in Xinjiang, hielt sich zum Ende ihres Besuchs mit Kritik an Pekings Vorgehen in der Region aber stark zurück (lesen Sie hier einen Kommentar dazu). Die Bundesregierung und viele andere Länder kritisierten sie dafür. Es habe keine Aufklärung des Vorwurfs schwerer Menschenrechtsverletzungen dort gegeben, monierten Kritiker – Bachelet sei der chinesischen Propaganda aufgesessen.
Vertreibung, Inhaftierung, »Versklavung«
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen und geflohenen Uiguren wurden Hunderttausende Uiguren und Mitglieder anderer Minderheiten in Umerziehungslager gesteckt. Der Uno-Sonderberichterstatter für Sklaverei, Tomoya Obokata, berichtete im August: »In einigen Fällen kann es sich um Versklavung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln.«
China weist die Vorwürfe zurück und spricht von Lügen. Ein vom SPIEGEL und weiteren Recherchepartnern ausgewertetes Datenleak, die sogenannten Xinjiang Police Files , hatte zuletzt jedoch einzigartige Einblicke in den brutalen Überwachungsapparat in der Provinz ermöglicht. In den Behördendaten tauchten unter anderem Fotos auf, die Folterapparate und misshandelte Häftlinge in den Gefängnissen von Xinjiang zeigen.
Auf Veröffentlichung drängt unter anderem die Organisation Human Rights Watch (HRW). »Es wäre eine Pflichtverletzung, wenn die Hochkommissarin die Uiguren und andere Opfer von Chinas weitreichenden Rechtsverletzungen im Stich ließe«, meinte HRW-Vertreter John Fisher in Genf.
Bachelet ist seit 2018 im Amt. Sie bewarb sich nicht um eine zweite Amtszeit. Uno-Generalsekretär António Guterres hat noch keine Nachfolgerin oder einen Nachfolger benannt.