US-Präsident nach den Midterms Biden feiert »guten Tag für Amerika« – und spottet über Trump-Ultras

Joe Biden im Weißen Haus
Foto: Oliver Contreras / Sipa USA / EPADie Erleichterung war Joe Biden förmlich anzusehen. Nach den letzten Prognosen vor der Wahl hätte sein erster großer Auftritt nach den Midterms durchaus unangenehm ausfallen können. Stattdessen wählte der US-Präsident Sätze wie diesen: »Es war ein guter Tag für die Demokratie, ein guter Tag für Amerika.«
Diese sei herausgefordert worden, aber das amerikanische Volk habe gesprochen, sagte Biden nach der Kongresswahl, bei der seine Demokraten besser abschnitten als von vielen erwartet. Es seien noch nicht alle Ergebnisse bekannt, erklärte Biden am Mittwoch vor Journalisten im Präsidialamt. Aber die von vielen erwartete »rote Welle«, also ein Durchmarsch der oppositionellen Republikaner , »das ist nicht passiert«.
President Joe Biden: “While the press and the pundits (were) predicting a giant red wave, it didn’t happen.” https://t.co/vh18mpccSb pic.twitter.com/0PcFtBetIF
— CNN (@CNN) November 9, 2022
In seinem politischen Kurs sieht sich der Amtsinhaber bestätigt. »Ich werde nichts grundlegend ändern«, sagte Biden auf die Frage, ob er glaube, dass das Land auf dem richtigen Weg sei.
Historisch betrachtet sind die sogenannten Midterms, zur Halbzeit einer vierjährigen präsidialen Amtszeit, eine Art Zwischenzeugnis – bei dem die regierende Partei üblicherweise eher schlecht abschneidet. Darauf hatten auch die Republikaner spekuliert und im Wahlkampf die Verantwortung für Inflation und steigende Energiepreise immer wieder auf die Demokraten geschoben. Umfragen hatten diese Taktik zuletzt durchaus unterstützt.
Am Wahltag sah es dann anders aus: Die Republikaner konnten nur leichte Gewinne verzeichnen. Gemessen an den – auch selbst gesteckten – Erwartungen ist das eine Enttäuschung. Allerdings dürften die Konservativen wahrscheinlich knapp die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernehmen. Die Kontrolle über den Senat hängt von drei Rennen ab, die noch offen sind. Hier sind die Demokraten im Vorteil.
In seiner Rede ging Biden nach dem erbitterten Wahlkampf auf seinen politischen Gegner zu. »Ich bin bereit, mit den Republikanern zusammenzuarbeiten.« Dies gelte unabhängig davon, wie die Kongresswahl ausgehe. »Ich denke, das amerikanische Volk hat deutlich gemacht, dass es von den Republikanern erwartet, dass sie bereit sind, auch mit mir zusammenzuarbeiten«, sagte er.
Biden betonte jedoch, er werde sein Veto gegen ein nationales Abtreibungsverbot einlegen und sich gegen Steuersenkungen für Wohlhabende aussprechen. Dies sind zwei politische Vorschläge, die die Republikaner womöglich vorantreiben könnten. Nach dem G20-Gipfel werde er führende Vertreter von Demokraten und Republikanern ins Weiße Haus einladen, um zu beraten, wie man kooperieren werde, sagte der US-Präsident.
Die Anhänger Donald Trumps sieht Biden bei den Republikanern nur noch in der Minderheit. Die Wähler hätten bei der Parlamentswahl demonstriert, dass sie nicht »an jedem Tag eine politische Schlacht durchleben wollen«, sagte der Demokrat. Er glaube nicht, dass man Trumps »Mega-MAGA-Republikaner« aus ihrer Verblendung lösen könne. Er glaube aber, »dass sie eine Minderheit in der Republikanischen Partei sind«.
Als ein Reporter bei der Pressekonferenz im Weißen Haus einer Frage zu Trump die Feststellung vorausschickte, dessen politische Bewegung sei immer noch stark, schob Biden ein spöttisches »Ach ja?« ein.
.@Phil_Mattingly on former President Trump: "How do you reassure...that the former president will not return, or that that his political movement, which is still very strong -- "
— CSPAN (@cspan) November 9, 2022
President Biden: "Oh yeah? We just have to demonstrate that he will not take power if he does run." pic.twitter.com/cvxWe1Z6Wq
Erklärung zur Kandidatur erst 2023
Zu seiner eigenen mittelfristigen politischen Zukunft äußerte sich der Demokrat noch nicht konkret. Allerdings kündigte er an, voraussichtlich Anfang kommenden Jahres entscheiden zu wollen, ob er im Jahr 2024 noch einmal kandidieren wird. Er habe durchaus die Absicht, wieder bei der Präsidentenwahl anzutreten. Es sei aber letztlich eine Entscheidung der Familie. »Ich denke, alle wollen, dass ich kandidiere, aber wir werden es besprechen.« Er empfinde keine Eile und werde eine Entscheidung nicht davon abhängig machen, was sein Vorgänger tue, sagte er mit Blick auf den republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump.
Biden hatte in der Vergangenheit immer wieder gesagt, dass er noch einmal für das höchste Staatsamt kandidieren wolle. Der 79-Jährige hatte aber auch deutlich gemacht, dass eine solche Entscheidung unter anderem von seiner Gesundheit abhänge.
Beim politischen Gegner zeichnet sich hingegen schon in naher Zukunft eine mögliche Weichenstellung ab. Trump hatte vor der Wahl am Montag angekündigt, am 15. November eine große Ankündigung machen zu wollen. Es wird davon ausgegangen, dass er dann seine Kandidatur für die Wahl 2024 ankündigen wird. Es ist noch offen, was das maue Ergebnis bei den Midterms für Trumps mögliche Pläne bedeuten könnte. Er hatte das Resultat seiner Partei zuletzt als »in gewisser Weise etwas enttäuschend« bezeichnet.
Trump war im Wahlkampf omnipräsent gewesen, hatte Dutzende von Kundgebungen besucht und Hunderte Kandidaten unterstützt. Etliche dieser teils extremen Kandidatinnen und Kandidaten waren bei der Wahl gescheitert. Kritiker sehen das Ergebnis daher zu einem gewissen Grad auch als Niederlage des Trumpismus, der die Partei noch immer dominiert.
Trump-Herausforderer kommt gestärkt aus der Wahl
Das ist besonders brisant, da mit Ron DeSantis eine echte innerparteiliche Alternative zu Trump bereitsteht. Floridas republikanischer Gouverneur gewann seine Wiederwahl am Dienstag klar und wird von vielen als einer der Wahlsieger auf republikanischer Seite gezählt.
Ihm wurden schon vor seinem Erdrutschsieg im einstigen Swing State Florida Ambitionen auf das Weiße Haus zugeschrieben. Nun ist er zu einem echten Konkurrenten für Trump geworden. Dessen plumpe Warnung an DeSantis, nicht zu kandidieren, dürfte für sich sprechen.
Ein Zweikampf der beiden wird schon lange heraufbeschworen, DeSantis' Midterm-Erfolg macht ihn jetzt fast unausweichlich. Denn Florida könnte tatsächlich ein Modell sein, wie sich eine rechte Mehrheit im ganzen Land ausbauen ließe. Bei Trumps letztem Wahlkampfauftritt in Florida war DeSantis nicht eingeladen. Der hielt dafür seine eigene Show ab – ohne Trump.
Auch US-Präsident Biden äußerte sich nun auf die Frage, ob er als möglichen Gegenkandidaten bei der Präsidentenwahl 2024 eher DeSantis oder seinen Vorgänger Trump bevorzugen würde: »Es wäre ein Spaß, zuzusehen, wie sie aufeinander losgehen.«