Regierungspartei verliert Mehrheit Montenegros Präsident muss nach Parlamentswahl um die Macht bangen

Milo Djukanovic, Präsident von Montenegro, erlitt eine schwere Wahlniederlage
Foto: Risto Bozovic / dpaBei der Parlamentswahl in Montenegro erlitt Präsident Milo Djukanovic eine Niederlage. Bei der Abstimmung am Sonntag verfehlte seine prowestliche Regierungspartei DPS (Demokratische Partei der Sozialisten) zusammen mit ihren potenziellen Partnern die absolute Mehrheit. Sie erhielt 35 Prozent der Stimmen, wie die staatliche Wahlkommission mitteilte. Das bedeutet 30 von 81 Mandaten, sechs weniger als in der abgelaufenen Legislaturperiode.
Die zwei kleineren sozialdemokratischen Parteien und die Listen der albanischen und bosniakischen Minderheiten, die als mögliche Regierungspartner galten, dürfen insgesamt nur zehn Abgeordnete in das neue Parlament schicken.
"Wir haben derzeit zusammen mit den traditionellen Partnern 40 Mandate", sagte Djukanovic vor Anhängern in der Hauptstadt Podgorica. "Der Kampf um eine Mehrheit im Parlament geht also weiter."
Oppositionsvertreter: "Die Mafia wird Montenegro nicht mehr weiter regieren"
Drei verschiedene Oppositionsbündnisse errangen hingegen zusammen 41 von 81 Mandaten - eine äußerst knappe Mehrheit. Das Oppositionsbündnis um die prorussische Demokratische Front (DF) erhielt demnach 33 Prozent der Stimmen, das sind 27 Mandate. Zwei weitere Oppositionsblöcke, die proeuropäischen Demokraten und die Bürgerpartei URA, errangen zehn beziehungsweise vier Mandate.
Ihre Spitzenvertreter kündigten in der Nacht zum Montag an, eine gemeinsame Expertenregierung bilden zu wollen, um damit das Ende der Ära Djukanovic einzuläuten. "Die Menschen glauben zutiefst an diese Koalition", sagte der URA-Vorsitzende Dritan Abazovic. "Die Mafia wird Montenegro nicht mehr weiter regieren."
Djukanovic regiert seit fast 30 Jahren in unterschiedlichen Funktionen die ehemalige jugoslawische Teilrepublik an der Adria. Kritiker werfen ihm Korruption, Klientelwirtschaft und Nähe zum organisierten Verbrechen vor. Auch die Verfolgung unabhängiger Medien und Wahlmanipulationen werden ihm angelastet. In seiner Ära gab es bisher bei keiner Parlaments- oder Präsidentenwahl einen demokratischen Machtwechsel.
Seit der Ex-Kommunist in den Neunzigerjahren auf einen prowestlichen Kurs eingeschwenkt war, polarisiert er das Land. 2006 hatte er es in die Unabhängigkeit von Serbien geführt, 2017 in die Nato. Seit 2012 verhandelt Montenegro über einen EU-Beitritt.
Eine mögliche Ursache für den Popularitätsverlust seiner Partei ist der Konflikt mit gläubigen Montenegrinern, den Djukanovic mit einem neuen Kirchengesetz auslöste. Dieses droht der aus dem serbischen Belgrad gesteuerten serbisch-orthodoxen Kirche mit der Enteignung ihrer Besitztümer. Das knapp vor der Jahreswende beschlossene Gesetz zog Massenproteste nach sich, die erst infolge der Corona-Pandemie im Frühjahr abebbten.