Mord an Natalja Estemirowa Russland wegen mangelhafter Ermittlungen verurteilt

Ein Mann trauert um die 2009 getötete Menschenrechtsaktivistin Natalja Estemirowa
Foto: A2800 epa Yelena Ignatieva/ dpaNatalja Estemirowa leitete die Menschenrechtsorganisation »Memorial« in Tschetschenien und prangerte mit ihrer Arbeit Entführungen und schwere Verbrechen in der Kaukasusrepublik an. Vor zwölf Jahren, am 15. Juli 2009, wurde sie vor der Tür ihres Wohnhauses in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny entführt. Wenige Stunden später wurde die 50-Jährige in der Nachbarrepublik Inguschetien erschossen aufgefunden.
Bis heute wurde niemand wegen des Mordes vor Gericht gestellt. Die russischen Ermittler machen den Islamisten Alchasur Baschajew für die Ermordung Estemirowas verantwortlich, doch wurde er bis heute nicht festgenommen.
Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Russland wegen mangelhafter Ermittlungen verurteilt. Die Ermittlungen hätten den Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entsprochen, urteilte das Gericht. Es ordnete eine Entschädigungszahlung von 20.000 Euro an die Schwester des Opfers an.
EGMR: Keine Beweise für staatliche Beteiligung
Estemirowas Kollegen hatten bezweifelt, dass der Islamist Baschajew den Mord begangen hat. Sie vermuteten vielmehr den tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow hinter der Tat. Estemirowas Schwester Swetlana hatte deshalb im Jahr 2011 ein Verfahren vor dem EGMR angestrengt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
Foto: Violetta Kuhn/ dpaIn seinem Urteil kommt der EGMR nun zu dem Schluss, dass es keine Beweise für eine staatliche Beteiligung an Estemirowas Ermordung gebe. Moskau habe es jedoch versäumt, das Verbrechen ordnungsgemäß zu untersuchen. Unter anderem seien »Widersprüche in den Zeugenaussagen« nie aufgeklärt worden, urteilte das Gericht. Es warf der russischen Regierung zudem vor, ihm »einen Großteil der Dokumente« aus der Ermittlungsakte vorenthalten zu haben.
Estemirowas Tochter Lana sprach in einer ersten Reaktion von einem »äußerst enttäuschenden Urteil«. Sie begrüßte es aber, dass der Gerichtshof die russischen Ermittlungen als unzureichend gerügt habe. Auch die Menschenrechtsorganisation »Memorial« bedauerte, dass der EGMR »die Verantwortung der Behörden für den Tod von Natalja Estemirowa nicht anerkannt hat«.