Mordfall Ján Kuciak Slowakische Behörden nehmen ehemalige Polizeichefs fest

Der Mord an dem Journalisten Ján Kuciak erschüttert noch immer die Slowakei: Staatsanwälte, Richter und Politiker sitzen in Untersuchungshaft. Nun gerieten ehemalige ranghohe Polizisten ins Visier der Ermittler.
Protesten gegen Korruption in Bratislava nach dem Mord an Ján Kuciak (2018)

Protesten gegen Korruption in Bratislava nach dem Mord an Ján Kuciak (2018)

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VLADIMIR SIMICEK/ AFP

Mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Mord am Investigativjournalisten Ján Kuciak hat die slowakische Polizei mehrere der damaligen Polizeichefs festgenommen. Wie die Spezialstaatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität bestätigte, sei es auch zu Hausdurchsuchungen gekommen.

Unter dem Codenamen "Fegefeuer" sei die Spezialeinheit NAKA gegen mehrere Personen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgegangen, sagte eine Sprecherin. Weitere Details und Namen nannte sie nicht.

Der Fernsehsender Markiza zeigte Polizisten, die das Privathaus eines ehemaligen Polizeipräsidenten durchsuchten und ihn wegführten. Andere Medien dokumentierten Festnahmen eines ehemaligen Leiters der Antikorruptionseinheit, eines ehemaligen NAKA-Chefs und anderer ehemaliger Spitzenfunktionäre der Polizei.

Nicht die ersten Festnahmen

Schon im September war ein Ex-Chef der Steuerfahndung festgenommen worden, bereits im Januar ein ehemaliger Generalstaatsanwalt. Andere Staatsanwälte und Richter sowie die ehemalige Justiz-Staatssekretärin Monika Jankovska sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft.

Seit dem Mord an Kuciak und seiner Verlobten im Februar 2018 ermittelt die slowakische Polizei gegen korrupte Netzwerke in der Justiz und ihren eigenen Reihen. Kuciak hatte über Korruptionsfälle in der Slowakei berichtet, unter anderem soll der Millionär Marian Kocner systematisch Richter und Staatsanwälte bestochen haben, um sich Freisprüche in Betrugsskandalen zu erkaufen.

Kocner gilt als mutmaßlicher Auftraggeber des Mordes an Kuciak, im September war er jedoch überraschend freigesprochen worden. Die Anklage, nach der er den Mord bestellt und bezahlt habe, erachtete das Gericht nicht für bewiesen. Die Staatsanwaltschaft legte der Nachrichtenagentur Reuters zufolge Berufung ein und will den Richterspruch vor dem Obersten Gerichtshof der Slowakei anfechten.

Kuciaks Ermordung löste in der Slowakei Massendemonstrationen, die zum Rücktritt der damaligen Regierung führten. Der seit März regierende konservative Ministerpräsident Igor Matovic begrüßte die Polizeiaktion als Schlag gegen korrupte Netzwerke der sozialdemokratisch geführten Vorgängerregierungen. Der sozialdemokratische Ex-Regierungschef Peter Pellegrini wies hingegen darauf hin, dass er den Rücktritt des ehemaligen Polizeichefs veranlasst habe.

hba/dpa

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