Gewalt gegen Demonstranten in Myanmar Amnesty spricht von »außergerichtlichen Hinrichtungen«

Myanmars Juntachef Min Aung Hlaing
Foto: POOL New / REUTERSVor fünf Wochen putschte das Militär in Myanmar und setzte die zivile Regierung ab. Friedliche Proteste schlägt die Militärjunta seither immer brutaler nieder, nach Schätzungen sind bereits mehr als 60 Menschen ums Leben gekommen. Die zunehmende Gewalt in Myanmar sorgt internationale Beobachter. Der Uno-Sicherheitsrat hat die Gewalt der Junta scharf verurteilt – und das Militär zur »äußersten Zurückhaltung« aufgerufen.
Untersuchungen von Menschenrechtsaktivisten zufolge setzt die Armee vorsätzlich tödliche Waffen gegen Teilnehmer friedlicher Protestaktionen ein. »Viele der dokumentierten Tötungen kommen außergerichtlichen Hinrichtungen gleich«, teilte Amnesty International unter Berufung auf die Analyse von 50 Videos mit. Die Untersuchungen hätten zudem ergeben, dass einige der militärischen Einheiten, denen Amnesty in der Vergangenheit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen habe, nun gegen Demonstranten eingesetzt würden.
»Militärische Taktiken«
Das Filmmaterial zeige deutlich, dass das Militär zunehmend Waffen einsetze, »die nur für ein Schlachtfeld geeignet sind, nicht aber für Polizeiaktionen«, hieß es. Unter anderem werde in städtischen Gebieten wahllos mit scharfer Munition geschossen. »Diese militärischen Taktiken in Myanmar sind alles andere als neu, aber das wahllose Töten wurde noch nie live in die Welt übertragen«, sagte Joanne Mariner, Direktorin für Krisenreaktion bei der Organisation.
Zuvor hatte die Uno-Sonderbeauftragte für Myanmar, Christine Schraner Burgener, den Sicherheitsrat bei einer Sondersitzung am Freitag nach dem Putsch in dem asiatischen Land zum Handeln aufgerufen. Auch die USA verschärfen ihre Sanktionen wegen des Putsches in Myanmar.
Das US-Finanzministerium kündigte am Mittwoch an, zwei erwachsene Kinder von Juntachef Min Aung Hlaing, die vom Verhalten ihres Vaters profitiert haben sollen, auf die schwarze Liste zu setzen. »Wir werden nicht zögern, weitere Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die zur Gewalt anstiften und den Willen des Volkes unterdrücken«, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Er warnte, dass weitere Strafmaßnahmen folgen könnten, und verurteilte die Festnahme von mehr als 1700 Personen und das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte bei den friedlichen Protesten.
Weitere Sanktionen
Auch Großbritannien prüfe zusätzliche Maßnahmen gegen Myanmar, erklärte Außenminister Dominic Raab nach dem Schritt der USA. »Wir sind uns darüber im Klaren, dass es dem Regime nicht erlaubt werden darf, von Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen zu profitieren«, schrieb Raab auf Twitter.
Die USA hatten nach dem Putsch bereits Sanktionen gegen ranghohe Generäle in Myanmar verhängt, auch gegen Juntachef Hlaing. Der Oberbefehlshaber führte den Putsch am 1. Februar an und setzte sich selbst an die Spitze des regierenden Staatsverwaltungsrats. Seine beiden Kinder kontrollieren insgesamt sechs Firmen in Myanmar. Unternehmen und Personen auf der schwarzen Liste wird das US-Vermögen eingefroren, Geschäftsbeziehungen werden untersagt.
Am 1. Februar hatte das Militär gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht. Die 75-Jährige hatte die Parlamentswahl im November mit klarem Vorsprung gewonnen. Seit dem Umsturz gab es immer wieder Massenproteste in Myanmar. Das Militär hat zuletzt mit zunehmender Härte versucht, den Widerstand zu brechen. Der Uno-Sicherheitsrat hatte vor rund einem Monat die Freilassung der inhaftierten Suu Kyi gefordert.