Proteste in Myanmar Sicherheitskräfte töten Demonstranten offenbar durch gezielte Kopfschüsse

Innerhalb eines Tages sollen in Myanmar mindestens zehn Demonstranten erschossen worden sein. Derweil erhebt das Militär neue Vorwürfe gegen De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
Sicherheitskräfte Anfang der Woche in Yangon

Sicherheitskräfte Anfang der Woche in Yangon

Foto: LYNN BO BO / EPA

In Myanmar geht die Militärjunta Berichten zufolge immer skrupelloser gegen Protestierende vor. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa wurden dabei laut Augenzeugenberichten mehr als ein halbes Dutzend Menschen getötet, die meisten von ihnen durch gezielte Kopfschüsse. In den sozialen Netzwerken wurden Fotos blutüberströmter Leichen veröffentlicht.

Sechs Menschen starben laut dpa bei Protesten für die Freilassung von drei festgenommenen Mitbürgern vor einer Polizeistation in der Gemeinde Myaing. »Die Polizei hat zunächst mit Tränengas und Gummigeschossen gezielt und dann scharf geschossen«, zitierte die dpa einen Augenzeugen.

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Seit dem Militärputsch am 1. Februar gehen die Sicherheitskräfte in Myanmar gewaltsam gegen Demonstranten vor. Die Protestler fordern die Freilassung der faktischen Regierungschefin Aung San Suu Kyi und die Wiedereinsetzung der gewählten Regierung. Bereits am Montag wurden zwei Demonstranten erschossen, insgesamt geht die Gefangenenhilfsorganisation AAPP von mehr als 60 Toten seit dem Beginn der Proteste aus. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International teilte zuletzt mit, die Tötungen von Protestierenden kämen »außergerichtlichen Hinrichtungen« gleich.

Auch aus anderen Teilen des Landes wurden am Donnerstag gewalttätige Polizeieinsätze mit Todesopfern gemeldet. Im östlichen Teil der früheren Hauptstadt Yangon starb ebenfalls mindestens ein Demonstrant. Zwei weitere wurden verletzt. »Wir waren etwa 100 Teilnehmer. In vorderster Reihe standen Demonstranten mit selbst angefertigten Schutzschilden«, sagte ein Augenzeuge der dpa. »Das Militär hat direkt auf sie gezielt.«

Der Uno-Sicherheitsrat hatte die Gewalt bereits am Mittwoch zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen verurteilt. Die Militärjunta ließ dagegen mitteilen, die Sicherheitskräfte handelten diszipliniert und würden Gewalt nur anwenden, wenn es nötig sei.

Junta erhebt weitere Vorwürfe gegen Suu Kyi

Währenddessen baut die Junta ihre Vorwürfe gegen Aung San Suu Kyi aus. Sie habe illegal Gold und eine Summe von 600.000 US-Dollar angenommen und werde nun auch deshalb strafrechtlich verfolgt. »Die Antikorruptionskommission ist eingeschaltet«, sagte der Junta-Sprecher Zaw Min Tun am Donnerstag. Seit der Machtübernahme durch das Militär am 1. Februar steht die 75-Jährige unter Hausarrest.

Grundlage für die Festsetzung Suu Kyis ist ein Vorwurf des Militärs, Suu Kyi habe gegen die Einfuhrgesetze verstoßen, indem sie Funkgeräte illegal nach Myanmar gebracht haben soll. Zuletzt lastete ihr die Junta auch Anstiftung zum Aufruhr an. Allein für diese vermeintlichen Vergehen drohen ihr mehrere Jahre Haft.

rgr/dpa/AFP/Reuters/AP
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