Angriff auf Vizepräsidentin Kirchner Argentiniens Abgeordnetenkammer ruft zu »sozialem Frieden« auf

Die Stimmung in Argentinien ist nach dem mutmaßlichen Mordanschlag auf Christina Kirchner aufgeheizt, Zehntausende protestieren auf den Straßen. Parteiübergreifend hat die Politik nun versucht, ein Zeichen zu setzen.
Bei der Verurteilung der Attacke auf Vizepräsidentin Cristina Kirchner zeigte sich die Abgeordnetenkammer einig, wenig später nicht mehr

Bei der Verurteilung der Attacke auf Vizepräsidentin Cristina Kirchner zeigte sich die Abgeordnetenkammer einig, wenig später nicht mehr

Foto: AFP

Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Attentatsversuch gegen die argentinische Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat die Abgeordnetenkammer in einer Sondersitzung ein Zeichen gegen die tiefe politische Spaltung des Landes zu setzen versucht.

Die Kammer verabschiedete am Samstag eine überparteiliche Erklärung, in der sie ihre »energische Verurteilung« der Tat aussprach und zum »sozialen Frieden« aufrief.

In dem per Handzeichen verabschiedeten Text wird der mutmaßliche Anschlagsversuch als Verbrechen bezeichnet, welches »das Leben in der Demokratie« befleckt. Die Kammer forderte die »rasche und vollständige Aufklärung« der Tat.

Oppositionspartei verlässt den Saal

In der Abgeordnetenkammer ist die regierende Mitte-Links-Koalition zwar die stärkste Kraft, verfügt aber nicht über die absolute Mehrheit. Die beabsichtigte Demonstration der überparteilichen Geschlossenheit wurde dadurch infrage gestellt, dass die Abgeordneten der konservativen oppositionellen Pro-Partei nach Verabschiedung der Erklärung den Saal verließen, ohne in der Sitzung das Wort ergriffen zu haben. Die Sitzung ging dann ohne sie weiter.

Die Pro-Abgeordneten hatten der gemeinsamen Erklärung der Kammer zwar zugestimmt. Ihr Verlassen der Sitzung begründeten sie jedoch später damit, dass sie sich nicht an einer Debatte beteiligen wollten, welche »noch mehr Spaltung erzeugt«. Der mutmaßliche Attentatsversuch dürfe nicht dafür benutzt werden, »die politische Opposition zu attackieren«. Die Pro-Partei bezog sich damit auf Vorwürfe, die Opposition verbreite eine Rhetorik des Hasses.

Am Freitag hatten als Reaktion auf den mutmaßlichen Attentatsversuch Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Buenos Aires und anderen Städten demonstriert. Viele von ihnen forderten ein »Ende des Hasses«, also der extremen politischen Polarisierung des Landes.

Der 35-jährige rechtsradikale Fernando Andrés Sabag Montiel hatte am Donnerstag vor der Wohnung der 69-jährigen Vizepräsidentin in Buenos Aires eine Schusswaffe auf Kirchner gerichtet, als diese von Anhängern begrüßt wurde. Präsident Alberto Fernández sagte später, die Waffe sei mit fünf Kugeln geladen gewesen und habe nur aus technischen Gründen keinen Schuss abgegeben. Der Angreifer wurde festgenommen. Einen Tag nach dem Anschlagsversuch waren Zehntausende der Anhänger Kirchners aus Solidarität mit der früheren Staatschefin auf die Straße gegangen.

Anhänger von Kirchner demonstrieren nach dem Attentat

Anhänger von Kirchner demonstrieren nach dem Attentat

Foto: EMILIANO LASALVIA / AFP

Vergangene Woche forderte die Staatsanwaltschaft zwölf Jahre Haft für Cristina Kirchner; sie soll sich bei Immobiliengeschäften in der Provinz Santa Cruz illegal bereichert haben. Ihre Anhänger hatten in der Folge eine Art Mahnwache vor ihrer Wohnung errichtet. Als der Bürgermeister Absperrungen errichten ließ, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Kirchner war zwischen 2007 und 2015 Präsidentin des südamerikanischen Landes. Sie hat die Vorwürfe als politisch motiviert zurückgewiesen.

svs/AFP
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