Konflikt im Nahen Osten Uno-Kommissarin kritisiert Israel und Hamas scharf

Uno-Kommissarin Michelle Bachelet zufolge könnte Israel im jüngsten Gaza-Konflikt Kriegsverbrechen begangen haben – und die Hamas habe gegen Völkerrecht verstoßen. Der Menschenrechtsrat kündigte eine Untersuchung an.
Ein zerstörtes Gebäude in Gaza nach einem israelischen Luftangriff

Ein zerstörtes Gebäude in Gaza nach einem israelischen Luftangriff

Foto: John Minchillo / AP

Im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gab es nach der jüngsten Eskalation heftige Kritik an Israel und der Hamas. Die Uno-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet, sagte, dass es sich bei Israels Luftangriffen im Gazastreifen um Kriegsverbrechen gehandelt haben könnte. Das sei der Fall, wenn die Angriffe »wahllos und unverhältnismäßig« gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen erfolgt seien.

Sie verurteilte zugleich aber auch die Raketenangriffe der im Gazastreifen herrschenden radikal-islamistischen Hamas. Mit dem wahllosen Abfeuern von Raketen auf Israel und der Stationierung von Militärmaterial in dicht besiedelten Gebieten habe die Hamas humanitäres Völkerrecht verletzt, sagte Bachelet. Die EU, die USA und Israel stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Michelle Bachelet, Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, bei der Sondersitzung des Uno-Menschenrechtsrats zur Lage in Nahost

Michelle Bachelet, Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, bei der Sondersitzung des Uno-Menschenrechtsrats zur Lage in Nahost

Foto: Martial Trezzini / dpa

Der Uno-Menschenrechtsrat will eine internationale Untersuchung einleiten. Demnach sollen auch »systematische« Übergriffe sowie die Ursachen der Spannungen in den palästinensischen Gebieten und in Israel untersucht werden, die zu der jüngsten Gewalteskalation führten. Der Beschluss wurde mit 24 Ja-Stimmen, neun Nein-Stimmen und 14 Enthaltungen angenommen. Die Sitzung war von Pakistan und den palästinensischen Vertretern einberufen worden.

Nach einem elftägigen Konflikt hatten sich Israel und die Hamas vor knapp einer Woche auf eine Waffenruhe verständigt. Auslöser der Eskalation waren Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften am Tempelberg in Jerusalem und im arabisch geprägten Osten der Stadt.

Mehr als 4300 Raketen auf Israel

Die Hamas feuerte mehr als 4300 Raketen auf Israel. Israel reagierte mit Luftangriffen auf den Gazastreifen. Dort kamen Angaben des Uno-Menschenrechtsrats zufolge 242 Menschen ums Leben. In Israel starben durch Raketenangriffe der Hamas zehn Menschen.

Uno-Kommissarin Bachelet warf israelischen Sicherheitskräften unverhältnismäßige Gewalt vor, um Demonstrationen gegen drohende Zwangsräumungen von palästinensischen Familien in Ostjerusalem zu beenden. Israel behaupte, die anschließenden Luftschläge im Gazastreifen hätten Gebäuden gegolten, die militärisch genutzt wurden. »Wir haben dafür keine Beweise gesehen«, sagte Bachelet.

Israel und USA kritisieren Entscheidung

Die israelische Botschafterin Meirav Eilon Schachar wies alle Vorwürfe zurück. Bei der Hamas handele es sich um eine »mordende, extreme Terrororganisation«, die Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbrauche. Das israelische Außenministerium reagierte scharf auf die angekündigten Ermittlungen und erklärte, damit sollten die Verbrechen der Hamas übertüncht werden. Man werde nicht mit dem Rat zusammenarbeiten.

Auch die USA kritisierten den Beschluss. Dieser gefährde die jüngsten Fortschritte in der Region. Die Hamas begrüßte den Beschluss, betonte aber zugleich, bei ihrem eigenen Vorgehen in dem Konflikt habe es sich um legitimen Widerstand gehandelt.

Kritik am Menschenrechtsrat

Der Uno-Menschenrechtsrat war wegen der jüngsten Gewalt zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Israel und die USA werfen dem Rat immer wieder vor, gegen Israel voreingenommen zu sein.

Von den 33 Untersuchungen, die er seit seiner Gründung 2006 verabschiedet hat, beschäftigten sich bereits sieben mit den Palästinensergebieten. Unter Donald Trump hatten die USA deshalb den Rat verlassen. Joe Biden hatte nach seiner Wahl aber angekündigt, in den Rat zurückzukehren.

lau/ngo/dpa/Reuters
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