
Die Lage am Morgen Amerika erreicht traurigen Corona-Rekord

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute beschäftigen wir uns mit einer Million Infektionen in den USA, mit dem Poker um die Hilfen für die Lufthansa - und mit der baldigen Eröffnung des Berliner Flughafens.
Eine Million Infizierte in den USA
"America First" war Donald Trumps Motto im Wahlkampf 2016. Bei der Zahl der Coronafälle in den USA stimmt das nun sicher. Eine Million Infizierte gibt es laut der Johns-Hopkins-Universität inzwischen im Land , ein trauriger Rekord. Kein anderes Land der Erde hat mehr Infizierte vermeldet. Weltweit wurden bislang drei Millionen Fälle gezählt. Das heißt, obwohl die USA mit ihren 330 Millionen Einwohnern weniger als fünf Prozent der Weltbevölkerung stellen, stehen sie für ein Drittel aller bekannten Infektionen. Von den 200.000 registrierten Toten weltweit kamen bislang mehr als 57.000 aus den USA.
Natürlich kann man Trump dafür nicht allein verantwortlich machen. Doch mehr und mehr Amerikaner stellen sich die Frage, ob ihre Regierung auf die Krise richtig reagiert hat . Trumps Rivale im Kampf um die Präsidentschaft, Joe Biden, nutzt seine Chance jedenfalls und pflastert das Internet mit Wahlwerbespots, die ein Bild von Trump zeigen und dazu eine klare Botschaft verkünden: "Er hat versagt."
Immer wieder kommt zudem ein für Trump wenig vorteilhafter Vergleich zur Sprache: Durch die Coronakrise seien inzwischen bereits mehr Amerikaner gestorben als im Vietnamkrieg, heißt es bei den Demokraten. Das ist zwar ein schiefer Vergleich, weil die Coronakrise nichts mit einem Krieg zu tun hat. Doch er ruft bei vielen Menschen schmerzhafte Erinnerungen an eine besonders dunkle Stunde der Weltmacht wach - das ist wohl die Absicht dahinter.
Und die Krise geht weiter: Nach US-Medienberichten rechnen Regierungsexperten damit, dass im ganzen Land weiterhin an vielen Stellen ein Mangel an Schutzausrüstungen für medizinisches Personal herrscht. Auch die von Trump vielfach angekündigten Massentests reichen nicht aus. Der Präsident verspricht, dass schon "sehr bald" fünf Millionen Tests täglich stattfinden könnten. Das dürfte ein weiter Weg sein: Momentan sind es etwa 200.000.
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Flieger in der Krise
Nach SPIEGEL-Informationen will die Bundesregierung vorerst keinerlei Lockerungen für Urlaubsreisen ins Ausland. Die strikte Warnung für alle touristischen Reisen ins Ausland soll bis zum 14. Juni verlängert werden. Dann will man die Lage neu bewerten.
Kaum eine Branche ist von der Coronakrise so stark betroffen wie die Luftfahrtindustrie. Die Airlines müssen ihre Flotten am Boden halten und verlieren jeden Tag viel Geld. Bei der British-Airways-Mutter IAG stehen deshalb bis zu 12.000 Jobs auf der Kippe, die skandinavische SAS streicht 5000 Stellen.
Die Lufthansa rechnet damit, dass ihre Flotte bald um bis zu hundert Maschinen verkleinert wird. 10.000 Mitarbeiter könnten ihren Job verlieren. Die Gespräche zwischen der Bundesregierung und der Konzernspitze über eine staatliche Rettungsaktion scheinen zu stocken. Die Regierung will im Gegenzug für Milliardenhilfen mehr Mitsprache bei dem Konzern. Vorstandschef Carsten Spohr lehnt das in der geplanten Form ab und pocht auf Unabhängigkeit.
Spohr hat recht. Es ist zwar wichtig, dass der Staat Steuergeld nicht ohne Bedingungen vergibt. Die Geschichte lehrt aber leider auch: Staatslinien, in denen Politiker und Beamte als Aufsichtsräte oder sogar Vorstände fungieren und in das tägliche Geschäft hineinfunken, werden träge, vollkommen unwirtschaftlich und brauchen immer nur noch mehr Staatsgeld. Die Bürger dürfen es dann doppelt ausbaden: Als Steuerzahler drohen ihnen höhere Abgaben und als Passagiere müssen sie schlechteren Service ertragen. Das wären keine schönen Aussichten.
Mögliche Lufthansa-Rettung: Der Staat fliegt wieder mit
Der BER wird wirklich fertig, wirklich?

Rolltreppen im Berliner Hauptstadtflughafen BER: Eröffnung kommt neun Jahre später als geplant
Foto: Stefan Kruse/ dpaImmerhin eine gute Nachricht gibt es beim Thema Reisen: Der Berliner Hauptstadtflughafen BER darf nun wahrscheinlich tatsächlich zum 31. Oktober wie geplant öffnen, neun Jahre später als geplant. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde hat ihre Zustimmung erteilt. Ironie der Geschichte: Der Start des Pannen-Flughafens wird auch dadurch erleichtert, dass niemand fliegt. Oder anders gesagt, weil wohl noch eine ganze Weile weniger Menschen reisen werden, muss der BER im Oktober nicht gleich unter Volllast loslegen. So lassen sich Pannen bei der Eröffnung eher vermeiden. Spoiler Alert: Es fehlen wohl noch einige Genehmigungen für den Flugbetrieb. Die sollen aber alle rechtzeitig vorliegen. Ganz bestimmt.
Donald Trump hat derweil angedeutet, dass er künftig auf bestimmten internationalen Strecken in die USA Corona-Tests bei den Passagieren durchführen lassen will. Das kann bedeuten, dass neben Temperatur-Checks auch tatsächliche Schnelltests auf eine Infektion vorgenommen werden - und zwar noch im Flugzeug.
Wie das alles praktisch ablaufen wird und welche Strecken betroffen wären, ist noch unklar. Fest steht aber wohl schon jetzt, dass sich Passagiere auf noch längere Wartezeiten an Grenzkontrollen oder neuartigen Test-Stationen einstellen dürfen, dann auch am neuen BER.
Bauabnahme: Hauptstadtflughafen BER darf eröffnen
Verlierer des Tages…
…ist der amerikanische Vizepräsident Mike Pence. Bei einem Besuch der Mayo-Klinik im Bundesstaat Minnesota verzichtete Pence auf das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes, obwohl dies in dem Krankenhaus eigentlich vorgeschrieben ist. Die Bilder vom unmaskierten Vizepräsidenten inmitten maskierter Klinikmitarbeiter sind für die Regierung ein weiterer PR-Gau. Die Botschaft ist fatal: Während etliche Amerikaner in Kliniken oder beim Besuch im Supermarkt Masken tragen, macht der zweite Mann im Staat für sich wie selbstverständlich eine Ausnahme. Er sei ja getestet und habe das Virus nicht, so Pence. Die Mayo-Klinik twitterte derweil, man habe den Stab des Präsidenten vor dem Besuch auf die Maskenpflicht aufmerksam gemacht.
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Roland Nelles