Roland Nelles

Die Lage am Morgen Und Trump freut sich über seine TV-Quoten

Roland Nelles
Von Roland Nelles, Büroleiter in Washington

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,

heute beschäftigen wir uns mit der Coronakrise in den USA, mit dem neuen Sondergutachten der Wirtschaftsweisen zur Konjunktur und mit dem Umzug von Prinz Harry nach Kalifornien.

Coronakrise in den USA spitzt sich dramatisch zu

In den USA breitet sich das Coronavirus weiter mit hoher Geschwindigkeit aus. Insgesamt sind dort nach der offiziellen Zählung nun 135.000 Menschen infiziert. Im Bundesstaat New York, der am stärksten betroffen ist, gibt es 60.000 Fälle. Die Zahl der Toten stieg dort am Wochenende innerhalb eines Tages um 237 auf insgesamt 965. Der Bürgermeister von New York City, Bill de Blasio, warnte, in der Stadt könnte bereits in einer Woche das medizinische Material zur Versorgung der Patienten ausgehen, es fehlten mehrere Hundert Beatmungsgeräte, auch Handschuhe und Masken für das medizinische Personal seien Mangelware.

Derweil warnt Anthony Fauci, Mitglied der Corona-Taskforce im Weißen Haus, die Zahl der Toten könnte in den USA die Marke von 100.000 übersteigen.

Die Lage ist also ernst. Was macht Präsident Donald Trump? Er kümmert sich um das Virus, klar. Aber offenbar hat er nebenher auch noch Zeit für andere Dinge. Zum Beispiel feiert er die hohen Einschaltquoten seiner täglichen Pressekonferenzen zur Corona-Lage: "Donald Trump ist ein Quoten-Hit", twitterte Trump sichtlich stolz und zitierte dabei einen entsprechenden Artikel aus der "New York Times". Millionen von Amerikanern würden täglich live seinen Briefings folgen. "Zahlen wie beim Football."

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Trump ist mit sich selbst und seiner Arbeit also wieder einmal zufrieden. Dabei stellen viele Amerikaner die Frage, ob die Krise nicht womöglich glimpflicher verlaufen wäre, wenn der Präsident nicht lange das Ausmaß der Gefahr heruntergespielt hätte. Vernichtend fällt der Kommentar von Nancy Pelosi, der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses, über Trump aus: "Sein Leugnen zu Beginn war tödlich."

Ein V oder ein U?

Die Coronakrise trifft die deutsche Wirtschaft hart. Geschäfte schließen, Fabriken stehen still, Lieferketten werden unterbrochen. Große Konzerne wie Adidas wollen zum Teil keine Mieten mehr zahlen. Die sogenannten Wirtschaftsweisen vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wollen zu den Auswirkungen der Krise heute ein Sondergutachten vorstellen. Sie haben Daten zur weiteren Entwicklung gesammelt, und sie werden Vorschläge für mögliche Konjunkturmaßnahmen vorstellen.

An einer tiefen Rezession wird Deutschland wohl kaum vorbeikommen. Die Frage lautet vor allem, wie schnell kommt das Land aus der Misere wieder heraus? Verläuft die Krise wie ein V, mit einem steilen Absturz, einem kurzen Tiefpunkt und einer raschen Erholung? Oder doch eher wie ein U, mit einer längeren Talsohle? Der neue Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, zeigt sich bislang einigermaßen zuversichtlich: "Das wahrscheinlichste Szenario aus Sicht des Sachverständigenrates ist im Moment ein V-Szenario", sagt er. Im Moment.

800 Tote in Spanien in 24 Stunden

Die schlimmen Nachrichten auch aus anderen Ländern reißen nicht ab: In Spanien sind mittlerweile schon mehr als 6500 Corona-Patienten gestorben. Am Wochenende waren es innerhalb eines Tages 800 Tote. Die Regierung verschärft deshalb erneut das Ausgangsverbot. Ab heute geht das Land sozusagen in den Winterschlaf. Alle Arbeitnehmer, die in nicht dringend notwendigen Bereichen arbeiten, müssen zu Hause bleiben.

Auch Russland will eine weitere Ausbreitung des Virus mit scharfen Maßnahmen verhindern. Im Kampf gegen Covid-19 verhängt die Hauptstadt Moskau eine Ausgangssperre. Wie Bürgermeister Sergej Sobjanin mitteilte, dürften die Einwohner Moskaus von heute an die Wohnung nur unter bestimmten Umständen verlassen. Dazu zählen demnach der Weg zur Arbeit, zum Supermarkt, zur Apotheke und zum nächstgelegenen Müllcontainer.

Regierung will Debatte über Lockerungen eindämmen

Zehntausende Corona-Fälle in Deutschland, und der Anstieg geht weiter: Die Bundesregierung versucht deshalb energisch, die Debatte über eine Lockerung der Abwehrmaßnahmen einzudämmen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) warf den Befeuerern der Diskussion Zynismus vor. "Es geschieht auch, um Leben zu retten, und deshalb ist es aus meiner Sicht zynisch, wenn einige jetzt beginnen, darüber zu diskutieren, dass gesundheitliche Fragen hintanstehen sollen und dass wirtschaftliche Fragen vorangehen", sagte er im ARD-"Bericht aus Berlin".

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung (SPD), sieht mit den Ausgangsbeschränkungen derweil viele Probleme verbunden, die man nicht lange so aushalten könne. "Wir müssen so schnell wie möglich die Corona-Epidemie verlangsamen, weiterhin die Kontakte reduziert halten und den Menschen dennoch zeitnah wieder mehr Ausgang ermöglichen", sagte Jung dem SPIEGEL.

Es komme darauf an, wie man die von Bund und Ländern vereinbarte "Kontaktsperre" auslege. "Es geht nicht darum, den Menschen das Rausgehen zu verbieten, sondern die Nähe zueinander zum Schutz der Gemeinschaft", so der Leipziger Oberbürgermeister. Nach den beschlossenen Maßnahmen müsse man in einer "zweiten Phase" überlegen, wie man die Menschen beschäftige. "Wir könnten zum Beispiel Freizeitparks, Spielplätze und Kinos wieder öffnen, damit die Leute wieder mehr unternehmen können."

Flughäfen schließen - was wird aus Berlin-Tegel?

Der Flugverkehr ist in vielen Teilen der Welt fast vollständig zum Erliegen gekommen. Die Lufthansa hat alle ihre 14 Maschinen vom Typ A380 eingemottet. In dieser Woche wird einer der beiden Flughäfen der französischen Hauptstadt Paris, Paris-Orly, vollständig geschlossen. In London wurde bereits in der vergangenen Woche der Flughafen London-City dichtgemacht.

Auch in Berlin denken die Betreiber des Flughafens Tegel über eine mögliche Schließung nach. So sollen Kosten gespart werden. Es ist jedoch unklar, ob diese Schließung wirklich kommt. Nach einem Bericht des "Tagesspiegels"  soll Tegel wohl vorerst noch geöffnet bleiben, obwohl der Airport fast verwaist ist. Am Sonntag wurden auf den beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld insgesamt nur noch 2500 Passagiere abgefertigt.

Gewinner des Tages...

... sind Prinz Harry und seine Frau Meghan Markle. Am Wochenende wurde das Paar Ziel einer Twitter-Attacke von Donald Trump, die es aber kühl konterte. Offenbar hatte Trump mitbekommen, dass die beiden ihren Wohnsitz nach Los Angeles verlegen wollen. Weil besonders Meghan als Trump-Kritikerin gilt, sah der Präsident wohl die Gelegenheit gekommen, ihr eins auszuwischen.

Die US-Regierung sei nicht bereit, in Los Angeles auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler bei Harry und Meghan für die Sicherheitsmaßnahmen zu sorgen, tönte der Präsident. Sie sollten bitteschön selbst zahlen. Harry und Meghan ließen Trump abblitzen. Natürlich zahlen wir selbst, ließen sie einen Sprecher ausrichten. Und: Alles ist längst geregelt.

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Die wichtigsten Entwicklungen zum Coronavirus am Montag: Der US-Präsident befürchtet mindestens 100.000 Coronavirus-Tote im Land - und verlängert die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. In Moskau dürfen sich Menschen "nicht mehr ohne Grund in der Stadt bewegen". Der News-Überblick

  • "Anne Will" zur Coronakrise: "Wir müssen arbeiten in einer Welt, die gefährlich ist": Im TV-Studio von Moderatorin Will wird eine Lockerung der Corona-Maßnahmen nicht in Aussicht gestellt. Aber wie soll es wirtschaftlich weitergehen im Land?

  • Stichwahlen in Bayern - SPD verliert ihre Hochburg Nürnberg: Wegen Corona war die Stimmabgabe nur per Brief möglich: In zwei bayerischen Großstädten kommt es nach Stichwahlen auf dem Bürgermeisterposten zum Machtwechsel. In München kann Dieter Reiter wohl weiterregieren

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