Russlands Angriffskrieg Ukraine meldet Start der russischen Offensive, Slowakei prüft Lieferung von Kampfjets

Im Osten der Ukraine werden verstärkt Attacken verzeichnet. Die slowakische Regierung könnte bald Mig-Kampfflugzeuge übergeben. Und: Meldung über angebliche Angriffshilfen der USA. Die wichtigsten Entwicklungen.
Ukrainische Einheiten in der Nähe von Bachmut im Osten des Landes (im November 2022)

Ukrainische Einheiten in der Nähe von Bachmut im Osten des Landes (im November 2022)

Foto: Libkos / dpa

Was in den vergangenen Stunden geschah

Die erwartete neue Offensive Moskaus ist im Osten der Ukraine laut Angaben von vor Ort bereits im Gange. Auf die Frage, ob Pawlo Krylenko, Gouverneur der östlichen Region Donezk der Meinung sei, die russische Offensive habe bereits begonnen, sagte dieser im ukrainischen Fernsehen: »Ja, definitiv.«

Vor allem in Städten wie Bachmut, Awdijwka und Wuhledar, die schon die blutigsten Kämpfe des Krieges erlebt hatten, »eskalieren die Kräfte und Mittel des Feindes mit täglicher Intensität. Sie versuchen, diese Gebiete und wichtige Städte einzunehmen, um neue Erfolge zu erzielen.« Der Jahrestag der russischen Invasion am 24. Februar rückt näher und Voraussagen Kiews entsprechend, intensiviert Moskau seine Angriffe, um mit Fronterfolgen prahlen zu können.

Das sagt Kiew

In der Diskussion über Waffenlieferungen an die Ukraine hat der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, um Verständnis für die Wünsche seines Landes geworben. »Wenn wir um Waffen bitten, dann geht es um Verteidigung. Ohne Waffen können wir nicht kämpfen«, sagte Makeiev am Donnerstag bei »MDR Aktuell«. Er könne Kritik an den aktuellen Forderungen der Ukraine nicht verstehen und empfehle Kritikern, mit denen zu sprechen, »die selber den Krieg erlebt haben, die Verwandte und Freunde verloren haben oder jeden Tag dreimal in den Schutzbunker gehen müssen.«

Makeiev zeigte sich außerdem skeptisch über mögliche Verhandlungen mit Russland. Die Ukraine habe es versucht, Verhandlungen zu führen, sagte er weiter. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe es wenige Tage vor dem Krieg versucht, allerdings sei er »belogen und belogen und belogen« worden, so Makeiev. Der russische Präsident Wladimir Putin könne mit dem einfachen Befehl, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen, den Krieg beenden.

Wolodymyr Selenskyj (l.) mit dem belgischen König Philippe

Wolodymyr Selenskyj (l.) mit dem belgischen König Philippe

Foto: Pool Eric Lalmand / dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem belgischen König Philippe ein besonderes Geschenk gemacht: Er übergab ihm am Donnerstag in Brüssel das Teil eines russischen Kampfflugzeugs vom Typ Su-25, das in der Ukraine abgeschossen wurde. Die ukrainischen Piloten haben darauf die Worte »Together we win« (Zusammen gewinnen wir) geschrieben, wie der Palast per Twitter mitteilte. Der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo war bei der Audienz ebenfalls dabei.

Selenskyj war zu einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten nach Brüssel gereist. Bei einer Pressekonferenz im Anschluss hatte er die EU auf einen gemeinsamen Kampf gegen Russland eingeschworen und zugleich für Kampfjet-Lieferungen geworben.

Waffenlieferungen an die Ukraine

Die USA sollen die Ukraine einem Bericht zufolge bei der Koordination von Angriffszielen gegen das russische Militär unterstützen. Bei einer Mehrheit der Angriffe, bei denen die fortschrittlichen Raketensysteme der USA zum Einsatz kommen, sollen die USA oder Verbündete Koordinaten von Angriffszielen bereitstellen oder bestätigen, wie die »Washington Post« am Donnerstag  unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen aus der Ukraine und den USA berichtete.

Die Informationen würden vom US-Militär in Europa bereitgestellt. Die Zeitung nannte als Ziele etwa russische Munitionsdepots oder Kasernen auf ukrainischem Boden.

Ein hochrangiger US-Vertreter habe die »Schlüsselrolle der USA« bestätigt, hieß es. Die Unterstützung bei der Zielerfassung dient demnach dazu, Genauigkeit zu gewährleisten und mit begrenzten Munitionsvorräten maximale Wirksamkeit zu erreichen. Die USA stellten Koordinaten und genaue Zielinformationen ausschließlich in beratender Funktion zur Verfügung, zitierte die Zeitung den US-Vertreter. Sie würden dabei keine Angriffe genehmigen.

»Die Ukrainer sind dafür verantwortlich, Ziele zu finden, Prioritäten zu setzen und schließlich zu entscheiden, welche sie angreifen wollen. Die USA genehmigen keine Ziele, noch sind wir an der Auswahl oder dem Einsatz von Zielen beteiligt«, zitierte die »Washington Post« eine Reaktion des Pentagons auf die Recherche. Man habe im Laufe der Zeit die Art und Weise, wie Informationen ausgetauscht würden, optimiert, um Anfragen und »Zielprozesse« der Ukraine mit verbesserter Geschwindigkeit und in größerem Umfang zu unterstützen.

Die Ukraine kann nach französischen Angaben nicht mit schnellen Kampfjet-Lieferungen rechnen. Dies sei keinesfalls »in den kommenden Wochen« möglich, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Freitagmorgen beim EU-Gipfel in Brüssel. Er schließe aber nichts grundsätzlich aus, betonte Macron.

Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach in Brüssel von »positiven Signalen«. Er habe »von der Bereitschaft gehört, nötige Waffen zu schicken, auch Kampfjets«. Zu konkreten Zusagen äußerte sich Selenskyj jedoch nicht.

Bundeskanzler Scholz sagte, Kampfjets seien für ihn »kein Gesprächsthema« gewesen. Er betonte, dass Selenskyj sich »noch mal sehr ausdrücklich für den deutschen Beitrag bedankt hat, auch bei mir persönlich«. Das Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten sei ein »außerordentlich emotionaler Moment« gewesen, der alle Gipfelteilnehmer sehr bewegt habe.

Selenskyj hat die Slowakei um Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 gebeten. Der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger sagte ihm daraufhin zu, »an der Erfüllung dieses Wunsches zu arbeiten«. Das geht aus einem kurzen Gespräch der beiden Politiker hervor. Das Regierungsamt in Bratislava stellte am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur dpa eine entsprechende Videoaufzeichnung zur Verfügung. »Es ist im Interesse der slowakischen und der europäischen Sicherheit, Ihnen zu helfen«, antwortete Heger dem ukrainischen Präsidenten am Rande des EU-Gipfels auf dessen Wunsch.

Der slowakischen Nachrichtenagentur TASR erklärte Heger, die konkrete Vorgehensweise der Kampfflugzeug-Übergabe werde man nicht nur innerhalb der Slowakei, sondern auch auf europäischer Ebene klären. Denn die Slowakei würde die MiG-29 im Rahmen eines EU-Finanzierungsmechanismus an die Ukraine übergeben. Deshalb sei auch der Zeitpunkt der Übergabe noch offen. Die slowakische Regierung sei aber daran interessiert, dass die Verhandlungen darüber möglichst rasch abgeschlossen würden.

Die slowakischen MiG-Kampfflugzeuge hatte sich das Nachbarland Ukraine schon kurz nach Beginn der russischen Invasion gewünscht. Wenige Monate danach kündigte der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad an, die von ihm zuvor noch als »unentbehrlich« bezeichneten MiG-29 ab Herbst 2022 nicht mehr einzusetzen, weil sie veraltet seien und nur von Technikern aus dem »feindlichen Russland« gewartet werden könnten.

Mig-29 der slowakischen Luftwaffe (undatiertes Archivbild)

Mig-29 der slowakischen Luftwaffe (undatiertes Archivbild)

Foto: imago stock&people / imago/StockTrek Images

Trotzdem erfolgte zunächst keine Übergabe an die Ukraine. Das nährte Spekulationen, dass die Slowakei für die Übergabe ähnliche Kompensationen von Deutschland oder anderen Nato-Partnern erwarte, wie sie ihr für die Abgabe von Kampfpanzern gewährt wurden.

Internationale Reaktionen

Die Strafverfolgung von möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine soll Thema der Münchner Sicherheitskonferenz in der kommenden Woche werden. Die Frage der Strafverfolgung sei auf die Tagesordnung gesetzt worden, sagte Konferenzchef Christoph Heusgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. An der Veranstaltung werde deshalb unter anderem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, teilnehmen.

Heusgen verwies auf den Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine. »Dass der Kreml auch bei dieser abscheulichen Tat seine Finger im Spiel hatte, verwundert nicht.«

Bei dem Abschuss waren alle 298 Menschen an Bord getötet worden. Internationale Ermittler sprachen am Mittwoch von »starken Anzeichen« dafür, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Lieferung der dabei verwendeten Rakete persönlich genehmigt hatte. Es gebe aber keine Beweise. Zudem verwiesen die Ermittler in der Frage der Strafverfolgung darauf, dass Putin als Staatsoberhaupt Immunität genieße.

Angesichts dessen seien Diskussion und Bemühungen umso wichtiger, um »die Verantwortlichen für die von Russland in der Ukraine begangenen Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen«, sagte Heusgen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte unlängst ein Ukraine-Sondertribunal vorgeschlagen, dies stieß in der Europäischen Union aber auf Skepsis.

Im Falle eines militärischen Angriffs auf Deutschland wäre laut einer Umfrage gut jeder zehnte Bundesbürger darauf eingestellt, sein Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Freiwillig würden sich in so einem Fall allerdings lediglich fünf Prozent der Deutschen zum Kriegsdienst melden, wie die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa zeigen. Weitere sechs Prozent der Erwachsenen erwarten, dass sie im Kriegsfall einberufen und gegebenenfalls für die Landesverteidigung ausgebildet werden.

jok/dpa/Reuters
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