Ernährungskrise in Nordkorea Kim Jong Un nimmt ab, Sorge der Nordkoreaner nimmt zu

Nordkoreas staatliche Propaganda verwandelt die Ernährungskrise im Land in ein Rührstück über den Diktator: Kim Jong Un wirke auf Fotos »ausgemergelt«, weil er angeblich so hart arbeitet.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am 8. Februar (l.) und am 15. Juni 2021: Lässt er Mahlzeiten aus?

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am 8. Februar (l.) und am 15. Juni 2021: Lässt er Mahlzeiten aus?

Foto: AP

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat abgenommen – und die Staatsführung hat darauf mit einem ungewöhnlichen Schritt reagiert. Kim sehe »ausgemergelt« aus, zitierte der Staatssender KCTV einen nicht namentlich genannten Einwohner der Hauptstadt Pjöngjang. Dies breche »das Herz der Menschen am meisten«, berichtete der Bürger demnach. Jeder rede davon, wie ihm beim Anblick Kims »sofort die Tränen gekommen sind«.

Nach Angaben von Experten will die Staatsführung den Gewichtsverlust Kims dazu benutzen, um in Zeiten einer Nahrungsmittelkrise die Loyalität der Bürger zu dem Machthaber zu stärken. Die von Pjöngjang gesendete Botschaft laute, dass Kim »sehr hart« für die Menschen arbeite – und dies sogar bis zu dem Grad, dass er »Mahlzeiten auslässt und Gewicht verliert«.

Kim gibt der Natur die Schuld

In diesem Monat hatte die Führung in Pjöngjang eingeräumt, dass es eine Lebensmittelkrise gibt. Die Ernährungslage sei »angespannt«, sagte Kim, die Landwirtschaft habe weniger Getreide produziert als geplant. Die Schuld sieht Kim bei der Natur: Taifune hätten die Ernte beschädigt. Nordkorea wurde im vergangenen Juli und August erst von Regenfällen und Überschwemmungen getroffen. Dann rasten teils schwere Wirbelstürme über die Region.

Der Ernteausfall ist für die Nordkoreanerinnen und Nordkoreaner dramatisch: Schon vor der Coronakrise waren etwa elf Millionen von ihnen mangelernährt. Wegen der Coronapandemie hatte Nordkorea Anfang des vergangenen Jahres seine Grenzen geschlossen. Dadurch hat der für das Land wesentliche Handel mit dem Nachbarn China deutlich nachgelassen. Zudem ist das Land wirtschaftlich nur gering produktiv und wegen seines Atom- und Raketenprogramms mit internationalen Sanktionen belegt.

Eine öffentliche Diskussion über den Gesundheitszustand und das Privatleben Kim Jong Uns war in Nordkorea bislang ein absolutes Tabu. Der Machthaber war viele Jahre lang stark übergewichtig. Außerdem ist bekannt, dass er viel raucht. International wird Kims Gesundheitszustand genau beobachtet. Unklar ist etwa, wer ihm im Falle seines Todes nachfolgen würde und wie stabil der Machtapparat in Pjöngjang dann noch wäre.

lau/ire/AFP

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