Wechsel an der Regierungsspitze Karl Nehammer wird österreichischer Bundeskanzler

Karl Nehammer kündigte eine größere Umbildung in der Regierung an
Foto: Georg Hochmuth / dpaKarl Nehammer übernimmt den Posten des österreichischen Bundeskanzlers. Der ÖVP-Politiker bekleidete bisher das Amt des Innenministers. Er sei vom Bundesparteivorstand seiner Partei auch einstimmig zum neuen Obmann, also Vorsitzenden, designiert worden, sagte Nehammer in einer Pressekonferenz. Der ehemalige Berufssoldat und langjährige Parteifunktionär steht unter anderem für eine harte Haltung gegen illegale Migration und gegen radikale islamistische Strömungen.
Am Vorabend hatte Alexander Schallenberg seinen Rücktritt als Bundeskanzler bekannt gegeben. Er hatte diesen Posten erst im Oktober von seinem zurückgetretenen Vorgänger Sebastian Kurz übernommen. Kurz hatte sich nur wenige Stunden vor Schallenbergs Ankündigung auf absehbare Zeit komplett aus der Politik zurückgezogen. (Mehr dazu lesen Sie hier .)
Nehammer dankte Schallenberg und Kurz. »Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung von Sebastian Kurz, der den Weg für mich als Parteiobmann freigemacht hat«, sagte Nehammer. Die ÖVP sei unter Kurz wieder zur Volkspartei geworden.
Nehammer kündigt größere Regierungsumbildung an
Über den Posten des Kanzlers hinaus wird es weitere Umbildungen im Regierungsteam der konservativen Volkspartei geben. So kündigte Nehammer an, dass Schallenberg wieder Außenminister wird. Schallenberg hatte dieses Amt bereits inne, bevor er die Kurz-Nachfolge an der Regierungsspitze antrat.
Das Amt des Bildungsministers soll künftig der Rektor der Universität Graz, Martin Polaschek, übernehmen. Magnus Brunner, Staatssekretär im Umweltamt, soll künftig das Finanzressort leiten. Der ÖVP-Politiker Gerhard Karner soll Nehammer als Innenminister nachfolgen. Die 26-jährige Abgeordnete im Nationalrat, Claudia Plakolm, ist als Jugendstaatssekretärin vorgesehen.
Diese Schritte seien mit dem grünen Vizekanzler Werner Kogler abgesprochen, sagte Nehammer in seiner Stellungnahme. Die Grünen regieren seit Anfang 2020 gemeinsam mit der ÖVP.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss Nehammer formell noch als Kanzler vereidigen. Seine Rolle als Parteichef muss noch von einem Parteitag bestätigt werden.
Kein Ende der »türkisen« Ära
Der umfangreiche Personalumbau bedeutet allerdings keinen vollständigen Bruch mit der von Kurz geprägten »türkisen« Ära. Es ist allenfalls ein bisschen Abschied. Zwar scheiden einige Akteure wie Kurz-Büroleiter Bernhard Bonelli aus, gegen den in der Inseraten-Affäre ermittelt wird. Allerdings behalten wesentliche Vertraute des entschwundenen Ex-Kanzlers ihre Posten: Axel Melchior etwa soll Generalsekretär bleiben und Elisabeth Köstinger Landwirtschaftsministerin. Beide gehören bis heute zu den loyalsten Gefolgsleuten von Kurz, Melchior begleitete Kurz sogar zu seiner Abschiedserklärung am Vortag.
Manche in der Partei befürchten allerdings, dass im Zuge der laufenden Korruptionsermittlungen weitere Personen aus dem engeren Kurz-Umfeld belastet werden könnten. Einige Köpfe aus der Ministerriege allerdings dürften schlichtweg aus Mangel an kurzfristig verfügbaren Alternativen ihre Ämter behalten haben: Es galt, den Länderproporz zu wahren.