Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Österreich setzt nach Gerichtsentscheidung Abschiebung nach Afghanistan aus

Der EGMR hat eine von Österreich geplante Abschiebung nach Afghanistan vorerst gestoppt. Grund ist die Sicherheitslage vor Ort. Die Regierung in Wien betont, dass es sich dabei um einen Einzelfall handele.
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Per einstweiligen Verfügung hat der EGMR die Abschiebung zeitweise gestoppt

Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Per einstweiligen Verfügung hat der EGMR die Abschiebung zeitweise gestoppt

Foto: Jean-Christophe Bott/ dpa

Angesichts der schwierigen Sicherheitslage fordern Menschenrechtsorganisationen einen Abschiebestopp nach Afghanistan. Österreich stellt sich dagegen – musste nun allerdings die geplante Abschiebung eines abgelehnten Asylwerbers nach Afghanistan zeitweilig aussetzen.

Hintergrund ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Per einstweiliger Verfügung hat der EGMR die Abschiebung gestoppt. Grund für die Entscheidung sei die »Sicherheitslage« in Afghanistan.

Der EGMR gab damit einem Antrag der österreichischen Deserteurs- und Flüchtlingsberatung statt. Es handelt sich um einen Eilbeschluss, das Hauptsacheverfahren steht noch aus.

Laut einem von einer Hilfsorganisation auf Twitter veröffentlichten Schreiben des EGMR an die österreichische Regierung darf der Afghane nicht vor dem 31. August aus Österreich ausgewiesen werden. Eine Ausweisung unter den aktuellen Bedingungen könnte dem Gericht zufolge einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellen.

Afghanistan hat darum gebeten, Abschiebungen drei Monate auszusetzen

Der Gerichtshof wies zudem darauf hin, dass Afghanistan die EU Mitte Juli gebeten habe, Abschiebungen für drei Monate auszusetzen. Finnland, Schweden und Norwegen sind dieser Bitte nachgekommen.

Ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums sagte der österreichischen Nachrichtenagentur APA nun allerdings, dass alle Fälle vor der Abschiebung evaluiert würden, so auch dieser. In diesem Einzelfall fließe nun der EGMR-Spruch ein, es gehe um einen Aufschub bis Ende August. Die einstweilige Verfügung stelle kein »pauschales Verbot« von Abschiebungen nach Afghanistan dar.

Der Asylbewerber sollte laut der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl in einer gemeinsamen Aktion mit Deutschland abgeschoben werden. Pro Asyl kritisierte die in Deutschland geplanten Abschiebungen scharf. »Es ist völlig unverantwortlich, trotz des unaufhaltsamen Vorrückens der Taliban weiter nach Afghanistan abzuschieben«, erklärte die rechtspolitische Referentin bei Pro Asyl, Wiebke Judith.

30 Hilfsorganisationen haben die EU aufgefordert, wegen der anhaltenden heftigen Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den radikalislamischen Taliban in Afghanistan Abschiebungen auszusetzen. Deutschland und Österreich lehnen aber einen Abschiebungsstopp weiterhin ab.

Explosion im Zentrum von Kabul

Seit dem raschen Abzug der US-Truppen am Hindukusch rücken die Taliban immer weiter vor. Sie haben im Kampf gegen Truppen der Regierung in Kabul bereits viele Bezirke im Land unter ihre Kontrolle gebracht. Bis Ende des Monats wollen die USA alle Soldaten aus Afghanistan abziehen. Die Bundeswehr hat ihr Mandat im Norden des Landes am 30. Juni beendet und alle Soldaten zurückgeholt.

Am Dienstag hat sich in Kabul eine Explosion ereignet. Das Innenministerium bestätigte die Detonation im Stadtteil Scherpur im Zentrum der Stadt. Ein Ermittlungsteam sei vor Ort und man wolle bald nähere Details mitteilen.

Der Knall war in mehreren Teilen der Stadt zu hören. Lokale Medien berichteten mit Bezug auf Sicherheitskräfte vor Ort, die Explosion habe sich in der Nähe des Hauses des amtierenden Verteidigungsministers Bismillah Mohammadi ereignet. Lokale Journalisten schrieben auf Twitter, es sei Gewehrfeuer in der Nähe des Explosionsortes zu hören.

Bilder in sozialen Medien zeigten eine aufsteigende große, weiße Rauchwolke. Im Stadtzentrum waren Sirenen von Rettungsfahrzeugen zu hören. Über mögliche Opfer wurde zunächst nichts mitgeteilt. Bisher bekannte sich niemand zu dem Angriff.

asc/AFP
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