Neue Strafanzeigen gegen Strache und Löger Korruptionsvorwürfe gegen Österreichs Ex-Vizekanzler

Gegen Strache und Löger wird schon ermittelt, nun kommt nach SPIEGEL-Informationen eine weitere Strafanzeige hinzu. Sie sollen als Vizekanzler Versicherungskonzernen mit einer Gesetzesänderung Vorteile verschafft haben.
Von Walter Mayr, Wien
Kanzler Kurz mit seinem früheren Koalitionspartner und Vizekanzler Strache bei der Präsentation ihres Regierungsprogramms 2017

Kanzler Kurz mit seinem früheren Koalitionspartner und Vizekanzler Strache bei der Präsentation ihres Regierungsprogramms 2017

Foto: Georges Schneider / photonews.at / IMAGO

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Als wären Österreichs Staatsanwälte noch nicht genug beschäftigt: In Wien soll an diesem Donnerstag eine neue Anzeige wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit gegen zwei ehemalige Regierungsmitglieder eingehen. Betroffen sind, wie der SPIEGEL vorab erfuhr, der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Hartwig Löger von der Kanzlerpartei ÖVP. Löger war bis Mai 2019 Finanzminister und kurzzeitig sogar stellvertretender sowie amtierender Regierungschef.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (r.) war kurzzeitig Interims-Regierungschef. Auch gegen ihn werden Korruptionsvorwürfe erhoben

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (r.) war kurzzeitig Interims-Regierungschef. Auch gegen ihn werden Korruptionsvorwürfe erhoben

Foto: Michael Gruber / AP

Gegen Strache und Löger wird bereits in anderen Verfahren ermittelt. In der aktuellen Strafanzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die dem SPIEGEL vorliegt, wird den Beschuldigten vorgeworfen, durch eine Gesetzesänderung im Juli 2018 den Anbietern von Lebensversicherungen auf Kosten ihrer Kunden erheblichen geldwerten Vorteil verschafft zu haben. Im Gegenzug, so der Verdacht, seien Parteispenden geflossen.

Während der ehemalige FPÖ-Chef Strache in einem ähnlich gelagerten Fall bereits in erster Instanz zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, steht eine Anklage gegen Löger wegen des Verdachts der Untreue noch aus. Die neue Strafanzeige gegen den Parteifreund von Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde vom Verbraucherschutz-Verein (VSV) eingebracht. Sie fügt sich in eine mittlerweile nur noch schwer zu überblickende Reihe von Affären ein, die in Österreich im Nachgang zu dem von SPIEGEL und »Süddeutscher Zeitung« veröffentlichten Ibiza-Video ans Licht kamen.

Ob demnächst gar Kanzler Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage angeklagt wird, muss noch entschieden werden. Dem Regierungschef wird vorgeworfen, er habe wissentlich die Unwahrheit gesagt im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss »betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung« – also jener Koalition aus christkonservativer ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ, die nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos zerbrach.

Gestern wurde bekannt, dass Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage bereits am 3. September von einem Richter vernommen worden war. Das österreichische Kanzleramt bestätigte dem SPIEGEL einen entsprechenden Bericht der »Kronen-Zeitung«.

Weitere ÖVP-Größen im Visier

Im Kern ging es bei der Aussage des Kanzlers vor dem Ausschuss um die Frage, ob er direkt in die Beförderung seines langjährigen Vertrauten Thomas Schmid zum Chef der mehr als 26 Milliarden Euro schweren Staatsholding Öbag eingebunden war.

Kurz hatte diese Frage vor Parlamentariern verneint – eine Sichtweise, die von den Staatsanwälten der WKStA aufgrund ausgewerteter Mobilfunkdaten bezweifelt wird. Der Kanzler bestreitet, bewusst falsch ausgesagt zu haben. Auch im Falle einer Anklage, so viel hat er klargestellt, will er im Amt bleiben.

Ermittelt wird weiterhin auch gegen ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel sowie gegen den Kabinettschef des Kanzlers und gegen zwei ehemalige ÖVP-Minister, darunter Ex-Vizekanzler Josef Pröll.

Für die früheren Vizekanzler Strache und Löger gelte bis zu einer möglichen Verurteilung samt folgender Schadensersatzansprüche vonseiten der Versicherungskunden selbstverständlich die Unschuldsvermutung, erklären die Kläger. Ab sofort aber müsse auf der Grundlage von Material aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss geprüft werden, ob die Anbieter von Lebensversicherungen sich mithilfe der ÖVP-FPÖ-Regierung »ein Gesetz gekauft« hätten.

Das Wort haben nun einmal mehr die Staatsanwälte.

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